inform_Nr4_September2013 - page 24

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physio
austria
inform
September 2013
Nach einer Verletzung des zentralen oder peripheren
Nervensystems bzw. im Rahmen einer neurologischen
Erkrankung hat die Physiotherapie einen sehr hohen
Stellenwert. Neben einem fundierten Wissen über Neuro-
anatomie, Physiologie und neurologischen Symptomen
erlernen alle PhysiotherapeutInnen im Rahmen der
Grundausbildung und durch Zusatzausbildungen neuro-
physiologische Behandlungskonzepte.
Es ist also davon auszugehen, dass alle TherapeutInnen,
die mit neurologischen PatientInnen arbeiten, die
adäquaten physiotherapeutischen Interventionen
beherrschen. Neurorehabilitation beinhaltet aus physio-
therapeutischer Sicht jedoch noch mehr:
°
Orthopädische Versorgung - Schuhe, Einlagen,
Schienen, Orthesen, etc.
°
Rollstuhlauswahl und -anpassung
°
Elektrostimulation, elektronische Vorfußhebeorthese
Fast alle diese Themen erfordern ein interdisziplinäres
Team (ErgotherapeutInnen, LogopädInnen, SportlehrerIn-
nen, SportwissenschafterInnen, OrthpädietechnikerIn-
nen, ÄrztInnen) mit einem hohen Maß an Fachwissen
und Erfahrung.
Voreilige oder inadäquate Verordnungen und Versorgun-
gen haben in der heutigen Zeit leider verheerende
Konsequenzen:
Da die Kostenträger nur eine Verordnung bewilligen und
bezahlen, ist eine nachfolgende Änderung nahezu un-
möglich. Erfolgen Verordnungen von Hilfsmitteln zu früh,
muss der Patient/die Patientin mit diesem Hilfsmittel
zurechtkommen, auch wenn sich sein/ihr Aktivitätsgrad
ändert.
Im Idealfall fällt die endgültige Entscheidung über die
konkrete Versorgung so spät wie möglich. Erst wenn die
Erstrehabilitation dem Ende zugeht, lässt sich feststellen
welche Schiene, welches Rollstuhlmodell, … für den
Patienten/die Patientin passend ist. Hier ist die statio-
näre Rehabilitation eindeutig im Vorteil: Die PatientInnen
erproben im Laufe des Aufenthalts verschiedene Hilfsmit-
tel. Objektive Testverfahren dienen dem Vergleich und
der Auswahl geeigneter Hilfsmittel, aber auch der
Begründung gegenüber den Kostenträgern.
Die Hilfsmittelversorgung erfordert ein
interdisziplinäres Team mit einem hohen Maß
an Fachwissen und Erfahrung.
Rundumpaket
in der Neurorehabilitation
Rehabilitationseinrichtungen verfügen über eine große
Auswahl an Produkten und arbeiten eng mit Herstellern
und Vertrieb von Medizinprodukten zusammen. Dadurch
sind individuelle Lösungen rasch und unkompliziert mög-
lich. Weiters muss jegliche Hilfsmittelversorgung optimal
an den Patienten/die Patientin und seine/ihre Funktio-
nen angepasst sein. Eine Über- oder Unterversorgung ist
weder gegenüber dem Patienten/der Patientin noch ge-
genüber dem Kostenträger vertretbar. Schließlich sind
nicht verwendete Hilfsmittel die Schlechtesten.
Orthopädische Versorgung
Bei einer Gangbildstörung muss der/die Physiothera-
peut/in erkennen können, wann ein Schuh, eine Schiene
oder eine Orthese indiziert ist. Ein/e Patient/in mit einer
Vorfußhebeproblematik könnte beispielsweise mit einem
orthopädischen Schuh mit oder ohne integrierter
Schiene, einer Carbonorthese, einer Kunststofforthese
mit Zügeln oder auch einem elektronische Fußhebesys-
tem versorgt werden. Diese Vielfalt müssen TherapeutIn-
nen kennen und daraus die richtige Auswahl treffen.
Das betreuende Team macht aufgrund objektiver Beurtei-
lungskriterien den PatientInnen und/ oder Angehörigen
einen Verordnungsvorschlag, der auch dem Kostenträger
gegenüber vertretbar ist. Die endgültige Entscheidung
fällt in Absprache mit den PatientInnen.
Die Modelleinlage dient der Korrektur einer Fußfehlhal-
tung oder der Unterstützung des Fußes bei Fehlstellung.
Beides erfordert geeignetes Schuhwerk: Der Schuh muss
der Einlage Gegenhalt und einen festen Sitz bieten. Eine
Modelleinlage in einer Badesandale oder einem weichen
Sneaker ist effektlos.
Ein orthopädischer Schuh muss bei neurologischen
PatientInnen über das Sprunggelenk reichen um dieses
stabilisieren zu können. Bei Tonuserhöhung wird oftmals
zusätzlich ein Innenschuh zur Fuß-/ Sprunggelenkskor-
rektur angefertigt. Bei Vorfußhebeschwäche ist es
möglich die Fußheberschiene direkt in den Schuh zu
integrieren.
Bei der Anpassung einer Fußheberorthese ist es wichtig
zu beachten, dass der Fuß durch die Muskelschwäche in
einer Fehlhaltung steht. Diese muss bei der Auswahl der
Orthese mit korrigiert werden (Art der Orthese, Aufbau
einer Einlage). Es gibt ein breites Spektrum an Konfekti-
onsschienen- aus Carbon, aus Kunststoff, mit oder ohne
Führungszügel, mit oder ohne Gelenk usw.- jedoch ist es
auch möglich, eine Maßanfertigung durch den Orthopä-
dietechniker zu erhalten.
Themenschwerpunkt
Neurorehabilitation
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