Ludwig de Meyer
ist freiberuflicher
Physiotherapeut in
Vorarlberg und
Lehrender für
Elektrotherapie.
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physio
austria
inform
Februar 2014
Themenschwerpunkt
Physikalische Therapie
Der Einsatz von Elektrotherapie in der gelebten Praxis
steht in der Anerkennung und wissenschaftlich fundier-
ten Berechtigung mehr denn je auf dem Prüfstand.
Dabei liegt die Sache klar auf der Hand: Berechtigt
und evidence based ist die Elektrotherapie »richtig
eingesetzt« alle mal, nur wird dies in der Praxis auch
demensprechend umgesetzt? Nach nunmehr 25-jähriger
Berufserfahrung ist dies ganz klar in Frage zu stellen.
In umfangreichen Recherchen hat sich gezeigt, dass sich
im Bereich der Elektrotherapie inzwischen einfach zu
viele Personen ohne Kenntnis (teils aus esoterischen
Randbereichen) tummeln. Das beginnt schon bei Ver-
tretern, die irgendwelche Geräte als Elektrotherapie
anpreisen, die es definitiv nicht sind, bis zu Anwendern
die weder Kenntnisse noch Ausbildung haben. Dieser
»unkontrollierte« Wildwuchs hat auch inzwischen dazu
geführt, dass die praktische Anwendung völlig falsch
erfolgt und von einigen Stellen, wie Sozialversicherungs-
trägern, die klassische Elektrotherapie in Frage gestellt
wird. Dies hat natürlich zur Folge, dass keine Honorie-
rung mehr gewährleistet wird und die Türen für frag-
würdige Methoden noch weiter geöffnet werden.
Zudem tritt die klassische Elektrotherapie in ihrer Ent-
wicklung derzeit auf der Stelle und bedarf einer Änderung
in ihrer Sichtweise.
Es gibt aber zahlreiche neue Erkenntnisse, und vor allem
auch neue technische Standards, die neue Türen auf-
stoßen. Darauf sollte schnell reagiert werden. Auch alle
neuen medizinischen Aspekte – wie diese umgesetzt und
angewendet werden – sollten bei diesen Überlegungen
mit ins Kalkül gezogen werden. ÄrztInnen und Physiothe-
rapeutInnen sollten sich des Themas gemeinsam anneh-
men – und auch gemeinsam Lösungen entwickeln.
Bisher erfolgte für die Elektrotherapie auf Grundlage
einer Anweisung für eine spezifische Therapieform von
zuweisenden ÄrztInnen, die von der PhysiotherapeutIn
entsprechend durchgeführt wurde. Heute sollte die Vor-
gangsweise doch eher eine sein, in der die TherapeutIn-
nen schnell und vor Ort die richtigen Entscheidungen
für die Behandlungsparameter, d.h. auch die passende
E-Therapieform, eigenständig treffen, und somit von der
bisherigen Vorgehensweise Abstand genommen wird.
Gefordert sind hier in erster Linie TherapeutInnen. Diese
sollten dazu übergehen, im Rahmen der Dokumentation
auch Behandlungsprotokolle und Aufzeichnungen speziell
für die E-Therapie, zu führen – und daraus ihre Schlüsse
zum Wohle der PatientInnen zu ziehen.
Die bestehenden Lehrpläne sollten, so dies nicht ohne-
dies der Fall ist, in diesem Sinne evaluiert werden, um
sicher zu stellen, dass neue, durch technische Verbes-
serungen ermöglichten Stromformen in die Therapie
korrekt integriert werden können. Es sollte dies auch ein
Plädoyer dafür sein, dass ein ständiger Wissenstransfer
zwischen PhysiotherapeutInnen und technischen Ent-
wicklerInnen oder ProduzentInnen von Elektrotherapie-
Geräten nie abreißt.
Verschiedene Anwendungsmöglichkeiten
von Stromformen in der Elektrotherapie
Die klassische Elektrotherapie lehnt sich sehr stark an
die ärztliche Diagnose an. (Das heisst: Einer bestimmten
Diagnose durch den/die Arzt/Ärztin fesgestellt wird eine
bestimmte Stromform standardisiert zugewiesen). Dies
führt eben dazu, dass die Elektrotherapie meist nur pas-
siv und nach oder am Ende einer anderen Therapieform
wie beispielsweise Bewegungstherapie durchgeführt
wird. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass eine mögliche
positive Wirkung nur zum Teil erreicht wird.
Die symptomatisch bezogen eingesetzte Elektrotherapie
ermöglicht hingegen eine Vielfalt weiterer Aspekte und
kann möglicherweise in Art der Anwendung folgender-
maßen eingeteilt werden:
1
Rein passiver Einsatz
2
Passiver Einsatz mit aktiven externen Komponenten
3
Aktiver Einsatz
4
Kombinierter Einsatz
5
Analytischer Einsatz
Elektrotherapie
»Quo Vadis?«
Ein Erfahrungsbericht