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physio
austria
inform
Februar 2014
nachgewiesen werden. Eine Kombinationsbehandlung
aus Physiotherapie im Sinne der Bewegungstherapie und
direkten thermischen Applikationen scheint der Physio-
therapie ohne physikalische Anwendungen, bei der
Gonarthrosebehandlung überlegen zu sein. Bezüglich
unspezifischer Nacken und Rückenschmerzen konnte
keine Evidenz, teilweise sogar Evidenz für die Nicht-
Wirksamkeit gefunden werden. Die Untersuchungen
zur Kurzwellendiathermie und dem LLL konnten jeweils
keine signifikanten Ergebnisse feststellen.
Insgesamt sind die Ergebnisse zu den physikalischen
Maßnahmen aufgrund der Inhomogenität bezüglich
Applikationsform, -dauer und -intensität, aber auch dem
Schweregrad der Pathologien, den unterschiedlichen
Messinstrumenten und Parametern sehr inkonsistent
und teilweise widersprüchlich. Studien untersuchen
zudem häufig Kombinationsbehandlungen, liegen oft in
zu geringer Anzahl und in geringer bis mittelmäßiger Qua-
lität vor – Anforderungen an ein qualitativ hochwertiges
Studiendesign sind allerdings bei der Analyse physikali-
scher Maßnahmen oftmals klinisch nicht realisierbar
(Bsp.: Doppelverblindung, Placebo-Kontrollgruppe).
Eindeutige Aussagen über die wissenschaftliche Evidenz-
lage einzelner physikalischer Anwendungen bleiben
damit schwierig und die vorgestellten Arbeiten diesbezüg-
lich eher zurückhaltend.
Dennoch zeigten die Publikationen Wirkung. In den
Leistungskatalogen der GKK in Oberösterreich, sowie in
Wien sind die physikalische Maßnahmen nun schon seit
einigen Jahren nur reduziert vertreten, beziehungsweise
einzelnen Instituten vorbehalten. Mit der Veröffentlichung
der Reviews folgten 2012 Tarifsenkungen in den verblei-
benden sieben Bundesländern und für die kommenden
Jahre wurden weiter Kürzungen und Streichungen bezüg-
lich physikalischer Maßnahmen angekündigt.
In Salzburg führte die GKK 2012 zuerst die thermo-
therapeutischen und 2013 dann alle apparativen
physikalischen Maßnahmen (Ultraschall, Thermo-
Elektrotherapie) zu einer Position, der Passivtherapie
zusammen.
Evidence basiert = Evidence forciert?
Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die Sicherstellung
der bestmöglichen Krankenversorgung natürlich kein
Leichtes, die Forderung des HVBs nach wissenschaftli-
cher Evidenz für angewendete Therapieformen daher
nur verständlich. Allerdings beruht das Modell der
Evidence Based Medicine nicht alleine auf wissen-
schaftlich erhobenen Daten sondern bezieht ebenso
die individuelle klinische Erfahrung der behandelnden
Person, sowie die persönlichen Bedürfnisse der Patien-
tInnen ein. Eine Tatsache, die gerade im therapeuti-
schen Bereich mit hoher PatientInnen-Interaktion von
enormer Bedeutung ist. Das in der Physiotherapie
bereits etablierte Clinical Reasoning als reflektierte
Verknüpfung fachlichen Wissens, klinischer Erfahrung
und individueller Fallanalyse kann bereits als erfolg-
reich in die Praxis umgesetzte evidenzbasierte Medizin
betrachtet werden. Hinsichtlich der physikalischen
Anwendungsmöglichkeiten kennen Physiotherapeu-
tInnen deren Wirkungsweisen und Kontraindikationen
und sind in der Lage diese an die individuellen,
momentanen Bedürfnisse ihrer PatientInnen ange-
passt und selektiv in die physiotherapeutische
Behandlung zu integrieren.
Themenschwerpunkt
Physikalische Therapie
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LITERATUR
Studien des HBVs:
Evidenzbasierte Medizin
in der Physikalischen Medizin
und allgemeinen Rehabilitation;
European Journal Translational
Myology - Basic Applied Myology
2013; 23 (4): 131-136