Behandlung
Je nach Art der Beschwerden sucht man für die
Behandlung die wichtigsten Punkte aus, diese lie-
gen einerseits direkt im Schmerzareal, anderer-
seits entlang der Meridiane weit von der
eigentlichen Beschwerdezone entfernt oder als
übergeordnete Punkte mit spezieller Wirkung ir-
gendwo am Körper. Man findet die für den/die je-
weilige/n PatientIn am besten wirksamen Punkte
am besten über die Druckschmerzhaftigkeit. Je
schmerzhafter sich ein Akupunkturpunkt beim
Palpieren präsentiert, desto wertvoller ist er the-
rapeutisch. Für eine wirkungsvolle Therapiesit-
zung verwendet man sieben bis zehn
verschiedene Punkte. Bei akuten Beschwerden
behandelt man jeden zweiten Tag, eine Besserung
der Schmerzsymptome kann schon nach der ers-
ten Sitzung, spätestens aber nach drei bis vier Be-
handlungen auftreten. Bei chronischen
Beschwerden therapiert man idealerweise einmal
wöchentlich, hier können unter Umständen meh-
rere Anwendungen notwendig sein, bis die ge-
wünschte Wirkung eintritt.
CHINESISCHE MEDIZIN
Dr. Birgit Richter-Friedrich
physio
austria
inform
April 2012
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physio
austria
inform
April 2012
Wissenschaft und Forschung
Die TCM ist eine jahrtausendealte Heilme-
thode, zu ihr gehören Akupunktur, Kräuter-
therapie, Ernährungslehre, Tuina und Qi
Gong. In allen Teilbereichen findet man Mög-
lichkeiten, Schmerzen positiv zu beeinflus-
sen. Hier soll der Schwerpunkt absichtlich
auf die Akupunktur, insbesondere auf die La-
serakupunktur gesetzt werden, das soll aber
nicht die Bedeutung der anderen Methoden
in der Schmerzbehandlung schmälern.
Akupunktur kann sehr erfolgreich bei allen
Arten von Schmerzen eingesetzt werden.
Schmerzen im Bewegungsapparat bieten
sich hier vor allem an. Je akuter die Be-
schwerden sind, desto besser ist der Thera-
pieerfolg, je chronischer das Krankheitsbild
ist, desto langwieriger gestaltet sich auch
dessen Behandlung. Der Grund dafür ist,
dass auf Akupunktur besonders PatientInnen
mit funktionellen Beschwerden gut anspre-
chen. Sobald degenerative Veränderungen
vorhanden sind, können diese durch die the-
rapeutische Intervention nur langsam ver-
bessert werden. Sie sind nicht mehr
vollständig reversibel, eine Schmerzlinde-
rung ist aber dennoch möglich.
Typische Einsatzbereiche sind Kopfschmer-
zen aller Art, funktionelle Wirbelsäulen- und
Gelenksschmerzen, Diskusprotrusion und -
prolaps, Arthritis und Arthrosen, Sportverlet-
zungen wie Zerrungen, Muskeleinrisse,
Sehnenprobleme, Fibromyalgie etc.
Aber auch bei organischen und immunologi-
schen Beschwerden kann man mit Akupunk-
tur deutliche Verbesserungen der Symptome
erreichen. Typische Indikationen reichen hier
von Infektanfälligkeit und Allergien bis hin zu
Verdauungsstörungen, gynäkologischen
Schmerzzuständen bzw. neurologischen
Erkrankungen und psychischen Problemen.
Unterstützend ist Akupunktur für jegliche
Form der Befindlichkeitsstörung beziehungs-
weise jede Art von Krankheit geeignet.
Einer der großen Vorteile der Akupunktur
liegt darin, dass sie praktisch nebenwir-
kungsfrei angewendet werden kann. Das gilt
natürlich ganz besonders für die Laseraku-
punktur, da diese vollkommen schmerzfrei
ist und daher die klassischen Nebenwirkun-
gen wie zum Beispiel durch den Nadelstich
ausgelöste Kreislaufbeschwerden nicht auf-
treten können. Ein weiterer Vorteil liegt
darin, dass man Akupunktur mit allen her-
kömmlichen Therapien kombinieren kann,
sowohl mit Medikamenten, Chemotherapien,
klassischer Physiotherapie, Massagen und
physikalischen Maßnahmen, als auch mit al-
ternativmedizinischen Methoden wie Ho-
möopathie, Bioresonanz oder Phytotherapie.
Akupunkturwirkung
Die Wirkung der Akupunktur ist wissen-
schaftlich anerkannt und mittlerweile durch
eine Vielzahl von Studien belegt. In Öster-
reich ist sie vom Obersten Sanitätsrat seit
1989 anerkannt.
Über die Reizung von Akupunkturpunkten
wird über das periphere Nervensystem eine
Reizantwort im Zentralnervensystem ausge-
löst. Zusätzlich kommt es lokal am Akupunk-
turpunkt und auch im Gehirn zur
Ausschüttung von chemischen Stoffen, die
in den Blutkreislauf gelangen und so Einfluss
auf den gesamten Organismus und die Psy-
che nehmen. Körpereigene Regelkreisläufe
werden in die Normalfunktion zurückgeführt.
Über den gesamten Körper verteilt existieren
361 klassische Akupunkturpunkte, sie liegen
auf Energiebahnen, sogenannten Meridia-
nen, und können durch Fingerdruck (Aku-
pressur), Nadeln (Akupunktur), Laser oder
Wärmereize (Moxibustion) aktiviert werden.
In den Meridianen fließt physiologischer-
weise das Qi (Lebensenergie), in den Blutge-
fäßen das Blut. Beim gesunden Menschen
sind Sympatikus (Yang) und Parasympatikus
(Yin) ausgeglichene Gegenspieler.
Ist dieser Kreislauf oder das Gleichgewicht
gestört, ergeben sich Beschwerden. Verein-
facht ausgedrückt bedeutet das Folgendes:
Sind Yin und Yang im Ungleichgewicht, hat
jemand zu wenig Qi oder Blut, sind die bei-
den Substanzen ungleichmäßig verteilt oder
kommt es gar zu einem Stauungszustand, so
zeigt sich das in Form von Symptomen, in
erster Linie entsteht Schmerz. Je nach
Schmerzqualität und Schmerzmodulation
sucht der/die TherapeutIn für den/die je-
weilige/n PatientIn die richtigen Akupunktur-
punkte aus. Durch Stimulation derselben
werden Qi und Blut wieder bewegt, die regel-
rechte Verteilung der beiden wird wiederher-
gestellt und die Symptomatik verschwindet.
Laserakupunktur
Bei der Laserakupunktur werden die Aku-
punkturpunkte mittels Laserlicht gereizt.
Es gibt die verschiedensten Arten von Soft-
lasergeräten, die für die Akupunktur geeig-
net sind. Großteils handelt es sich um Rot-
licht- bzw. Infrarotlaser mit verschiedener
Ausgangsleistung, sinnvollerweise soll diese
zwischen 10 und 100 Milliwatt liegen.
Die Preisunterschiede sind dabei groß.
Grundsätzlich gibt es zwei große Gruppen
von Lasergeräten. Handylaser sind sehr
klein, eignen sich besonders für den mobilen
Einsatz, haben allerdings den Nachteil, dass
man händisch einen Punkt nach dem ande-
ren bestrahlen muss, was die Behandlung
zeitaufwendig macht. Je niedriger die Aus-
gangsleistung ist, desto länger muss jeder
einzelne Punkt behandelt werden. Standla-
sergeräte brauchen meist mehr Platz, haben
aber abgesehen von den höheren Anschaf-
fungskosten den Vorteil, dass man, indem
man die Lasersonden an der Haut aufklebt,
acht bis zwölf Punkte gleichzeitig über 10
bis 20 Minuten behandeln kann, was letzt-
endlich dem Wesen der Nadelakupunktur
nicht nur in der Anwendung, sondern auch
im Therapieerfolg sehr nahekommt. Ent-
scheidend für die Wirkung des Lasers ist
jedoch in erster Linie die Laserdichte
(Joule/cm2). Besonders erwähnenswert ist,
dass das Laserlicht an sich entzündungs-
hemmende und schmerzstillende Wirkung
hat, die man durch Applikation direkt über
dem Schmerzareal optimal nützen kann.
Die Laserakupunktur ist nebenwirkungsfrei.
Besondere Vorsicht ist in Augennähe gebo-
ten. Da Laserlicht die Netzhaut des Auges
schädigen kann, ist während der Behandlung
sowohl vom/von der PatientIn als auch
vom/von der TherapeutIn eine Schutzbrille
zu tragen. Bei Säuglingen mit noch offener
Fontanelle darf man im Kopfbereich nicht
lasern.
Wenn Yin und Yang
aus dem Takt sind
Schmerztherapie in der traditionellen chinesischen Medizin: Ist das Gleichgewicht von
Yin und Yang gestört, fließt das »Qi« nicht ungehindert, kann es zu Schmerzen kommen.
Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) hat eine Vielzahl von Behandlungsmöglich-
keiten, um die fehlende Balance wiederherzustellen – die Akupunktur ist nur eine davon.
Patient mit Epicondylitis lateralis
Ein 39-jähriger Patient hat seit vierzehn Tagen zuneh-
mend Schmerzen über dem rechten Ellbogen. Ursäch-
lich findet sich berufliche Überlastung (Baugewerbe).
Untersuchungsbefund:
Deutlicher Druckschmerz über dem Epicondylus
lateralis humeri, Schmerzzunahme bei Suppination
und Faustschluss.
Akupunkturbehandlung:
Der Hauptschmerzpunkt liegt ganz in der Nähe
des Punktes Dickdarm 11 am Ende der lateralen
Ellbogenquerfalte. Ihm genau gegenüber liegt der
Punkt Herz 3. Alle drei Punkte werden als
Lokalpunkte gelasert.
Weiters können andere Punkte am Dickdarmmeridian
verwendet werden, zum Beispiel Dickdarm 4, der
Hauptpunkt gegen Schmerzen aller Art, Dickdarm
6 oder 11. Auch Punkte am Magenmeridian wie
Magen 36, 41 oder 42 könnten zum Einsatz kommen.
Übergeordnete Punkte wie zum Beispiel der Punkt
Gallenblase 34 als Meisterpunkt für Muskulatur und
Sehen sind indiziert, oder die Punkte Gallenblase 41,
Erwärmer 3 oder 5 wären hilfreich gegen die
Schmerzen und wirken auch entzündungshemmend.
Wie oben bereits erwähnt, ist es sinnvoll, die
druckschmerzhaftesten Punkte für die Therapie
auszuwählen.
Foto: Birgit Richter-Friedrich
Dr. Birgit Richter-Friedrich
ist Ärztin für Allgemeinmedizin. Sie stu-
dierte Medizin an der KF-Universität in Graz
und absolvierte danach ihre TCM-Ausbil-
dung in Österreich, Deutschland und China.
Sie hat das Österreichische Ärzekammerdi-
plom für Akupunktur und ist Referentin und
Vorstandsmitglied der Österreichischen Ge-
sellschaft für Kontrollierte Akupunktur. Seit
2000 ist sie niedergelassene Wahlärztin mit
Schwerpunkt TCM in Gleisdorf.