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physio

austria

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Juni 2016

Physio

Studien

Gesundheitskompetenz (GK) hat Auswirkungen

auf den Erfolg von Krankenbehandlungen und

Gesundheitsförderung. Ein Migrationshintergrund

könnte sich negativ auf die GK auswirken.

Aufgrund einer mangelnden Datenlage zu dieser

Annahme wurde vom Hauptverband der österrei-

chischen Sozialversicherungsträger das Ludwig

Boltzmann Institut Health Promotion Research

(LBIHPR) mit der vorliegenden Studie beauftragt.

Studiendesign

Mittels qualitativem und quantitativem Zugang wurden

2013 und 2014 entsprechende Daten erhoben. Eine

Literaturstudie, ExpertInneninterviews, Fokusgruppen

und Telefon-Interviews bei Personen mit Migrationshin-

tergrund aus Bosnien/Kroatien/Serbien BKS (N=300)

sowie der Türkei TR (N=325) haben die Diskussions-

grundlage geschaffen. Die Interviews umfassten 28

Fragen zur GK, davon 12 auf Basis der in den qualitativen

Studien ermittelten Problemfelder. Bezug genommen

wurde zu Determinanten und gesundheitsrelevanten

Konsequenzen von GK aus der HLS-EU Studie (2012/

2014) bzw. österreichischen oder internationalen

Migrationsstudien. Acht Forschungsfragen sollten

beantwortet werden.

Ergebnisse

1. Wie unterscheidet sich die GK wichtiger MigrantInnen-

gruppen von der GK österreichischer BürgerInnen

bzw. der EU-BürgerInnen in Österreich?

Nach ExpertInnenmeinung und diversen Studienergeb-

nissen ist von einer durchschnittlich niedrigeren GK

bei MigrantInnen als in der Allgemeinbevölkerung auszu-

gehen. Die Telefon-Interviews bestätigen diese Annahme

nicht. Es zeigen sich für die untersuchten MigrantInnen-

gruppen im Vergleich zur HLS-Österreich-Studie bessere

Levels der allgemeinen GK: diese ist bei 48,4 Prozent der

österreichischen Gesamtpopulation, aber nur bei 34 Pro-

zent der TR und 25 Prozent der BKS limitiert.

2. Welche Gruppen bei den untersuchten MigrantInnen

sind besonders benachteiligt?

Finanziell benachteiligte, ihren Gesundheitszustand

selbst schlecht einschätzende und das Krankenbehand-

lungssystem häufiger aufsuchende Personen weisen

besonders häufig limitierte GK auf. In der TR-Stichprobe

besonders jene, die sich in Österreich überhaupt nicht

heimisch fühlen, und die mit geringerem Selbstvertrauen,

in der BKS-Stichprobe diejenigen mit schlechten Erfah-

rungen mit GesundheitsleistungsanbieterInnen und

geringem Vertrauen in das Krankenbehandlungssystem.

3. Welche gesundheitsrelevanten Aufgaben, Situationen

und Entscheidungen sind für die beiden MigrantInnen-

gruppen besonders problematisch?

Beide zeigen tendenziell größere Schwierigkeiten mit den

migrationsspezifischen als mit den allgemeinen gesund-

heitsrelevanten Situationen: muttersprachliche ÄrztInnen

oder Therapiemöglichkeiten/Informationen über Unter-

stützungsmöglichkeiten bei psychischen Problemen

sowie Informationen über von der Krankenkasse bezahlte

Leistungen oder Anträge auf Sozialleistung finden bzw.

einen gesunden Lebensstil umsetzen und beurteilen,

ob Informationen über Gesundheitsrisiken in den Medien

vertrauenswürdig sind.

© Joachim Wendler - Fotolia.com

Ganahl K, Dahlvik J, Röthlin F, Alpagu F,

Sikic-Fleischhacker A, Peer S, Pelikan JM. 2016.

LBIHPR Forschungsbericht.

: für Sie

EINE AKTUELLE WISSENSCHAFTLICHE

STUDIE MIT ERLÄUTERNDEM KOMMENTAR

Studiert und kommentiert

Gesundheitskompetenz bei Personen mit Migrationshintergrund

aus der Türkei und Ex-Jugoslawien in Österreich.

Ergebnisse einer quantitativen und qualitativen Studie.