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Juni 2016

31

FRAUEN

Gudrun Diermayr, PhD, Andrea Greisberger, Msc

Aktuelle Entwicklungen

Carolee Winstein

(BSc in Physiotherapie

1973) war Co-Principal Investigator der

EXCITE-Studie (Wolf et al., 2006), einer der

ersten großen multi-zentrischen Studien in

der Physiotherapie. In dieser Untersuchung,

die in einer der bedeutendsten medizini-

schen Fachzeitschriften publiziert ist,

wurden die Effekte der Constraint-Induced

Movement Therapy (CIMT) auf die Wieder-

herstellung der Armfunktion nachgewiesen.

Hauptbestandteile von CIMT sind der er-

zwungene Gebrauch des betroffenen Arms,

Aufgaben-spezifisches Üben mit hoher

Wiederholungszahl, und das sog. »Shaping«

(Erhöhen der Aufgabenanforderung & positi-

ves Feedback). Mittlerweile ist CIMT eine

der bestuntersuchten Therapieansätze nach

Schlaganfall und in zahlreichen Leitlinien ver-

treten (u.a. in der deutschen Leitlinie, 2009).

Außerdem beschäftigte sie sich mit grundle-

genden Fragen zum motorischen Lernen

(z.B. welche Art des Feedbacks fördert das

Erlernen einer Teilbelastung im Krücken-

gehen (Winstein et al., 1996)).

Unsere jüngste Pionierin ist

Catherine

Lang

(BSc 1993), die derzeit an der

Washington University in St. Louis, Missouri

arbeitet. Sie beforscht konsequent und

praxisrelevant das Thema Wiederholungs-

zahl. Aufbauend auf der Erkenntnis aus Tier-

studien, dass mehrere 100 Wiederholungen

pro Einheit notwendig sind, um langfristige

Verbesserungen zu erreichen, beschrieb sie

den Ist-Zustand in der Praxis, indem sie

Therapieeinheiten beobachtete und Wieder-

holungszahlen eruierte (Lang et al., 2007).

Die Ergebnisse waren ernüchternd: Die Wie-

derholungszahlen in der Praxis lagen weit von

den für Plastizität und Funktionswiederherstel-

lung notwendigen. In weiterführenden Studien

zeigte ihr Team, dass 300 Wiederholungen von

Aufgaben-spezifischen Übungen in einer ein-

stündigen Behandlung bei Menschen nach

Schlaganfall umsetzbar sind und eine höhere

Wiederholungszahl, im Vergleich zu niedrigeren

Dosen, zu größeren Fortschritten führt (Birken-

meier et al., 2010). Neben der enormen Praxis-

relevanz ihrer Arbeit ist Lang für all jene, die

eigenständig in der Forschung arbeiten wollen,

durch ihre genaue, systematische Vorgehens-

weise ein großes Vorbild.

Gemeinsam ist allen Pionierinnen, dass sie

in ihrer Arbeit eine aktive Therapie fordern,

die auf Prinzipien des motorischen Lernens

basiert und damit die lang favorisierte Fokus-

sierung auf Plus-Symptome (v.a. Tonuser-

höhung) in den Hintergrund stellen. Außer-

dem zeigen die Lebensläufe dieser mutigen

Frauen, dass ein Weg von der Praxis in die

Wissenschaft möglich ist, und, dass dieser Weg

zu wertvollen Ergebnissen für die Weiterent-

wicklung der Physiotherapie führt.

Gudrun Diermayr, PhD, Andrea Greisberger, Msc

© Ulia Koltyrina – Fotolia.com

»GEMEINSAM IST ALLEN

PIONIERINNEN, DASS

SIE IN IHRER ARBEIT

EINE AKTIVE THERAPIE

FORDERN.«