Die Grundlagen des Lernens beschreibt der
Neurowissenschaftler Manfred Spitzer (2007) so:
Lernen findet im Gehirn statt:
°
ist ein langsamer Prozess
°
auf Wiederholung angewiesen
°
produziert mehr Können als Wissen
°
repräsentiert sich in spezifischen Regionen
°
wird im Tiefschlaf vom Hippokampus
in die Großhirnrinde überspielt (replay)
°
ist stark von Aufmerksamkeit abhängig
(Vigilanz; selektive Aufmerksamkeit).
Zum Lernen braucht es Motivation:
°
entsteht durch nicht erwartete Resultate
°
wird im Belohnungssystem chemisch
(Dopamin) hervorgerufen
°
gelernt wird, wenn positive Erfahrungen
gemacht werden
°
entsteht vor allem bei gemeinschaftlichen Aktivitäten
°
ist nicht zu erzeugen, sondern naturgemäß
im Menschen angelegt.
Was behindert lernen:
Überanstrengung, Überforderung, Erschöpfung, Angst,
Langeweile Überforderung, Frustration, Schmerz, Zeitnot.
Schon Santiago Ramon y Cajal, ein spanischer Neuro-
wissenschaftler, hatte Ende des 19. Jahrhunderts die
Idee, dass Lernen durch die Stärkung der Verbindung
zwischen existierenden Neuronen gebildet werde,
wodurch es zur Verbesserung ihrer Übertragungseffekti-
vität kommt. Dies wurde durch Donald O` Hebb, durch
die sogenannte Hebb’sche Regel bestätigt, die besagt,
»what fires together, wires together«. Diese Langzeit-
Potenzierung ist ein an Synapsen von Nervenzellen
beobachtetes Phänomen. Sie stellt eine Form der
synaptischen Plastizität dar. Diese Erkenntnisse münden
in der heutigen Ansicht dass motorisches Lernen mit
dem Begriff der Neuroplastizität gekoppelt ist.
Ein Lernmodell
Neurophysiologisch passiert sehr viel beim Lernen, das
bereits erforscht ist, und wir wissen, wie es zur Neuro-
plastizität kommt. Aber inwieweit hilft uns die Erkenntnis
im Alltag mit den PatientInnen? Hilfreich ist, sich anzu-
schauen, wie jemand lernt und welche Grundlagen
vorhanden sein müssen, um optimal lernen zu können.
Es gibt verschiedene Konzepte des Lernens, die wir
kennen, die dann zur Anwendung kommen.
Der Lernprozess der zur Erreichung einer Handlungs-
kompetenz führen soll, wird im Wesentlichen durch die
Aufgabe, durch die Umwelt und durch die Person, die
lernt, bestimmt. Die Person hat gewisse körperliche
Voraussetzungen zum Lernen. Die Aufgabe bestimmt,
wie die Person agiert oder darauf reagiert. Die Umwelt
beeinflusst den Lernprozess, z.B. indem sie ein sicheres
Umfeld bietet oder auch den Vorgang des Lernens
erschwert. Diese drei Bereiche beeinflussen den Lern-
vorgang dominant. Um den Lernvorgang zu gestalten und
zu beeinflussen, muss man sich über alle drei Bereiche
im Klaren sein und kann dann gestaltend und fördernd
einwirken.
NEUROLOGIE
Bernd Anderseck, MSc
Die meisten PhysiotherapeutInnen befassen sich tagtäglich mit dem Thema
des motorischen Lernens. Sie überlegen, wie sie Alltagsfunktionen bei den
PatientInnen bestmöglich wiederherstellen können, und dabei natürlich,
wie sie am effektivsten dieses Ziel erreichen können.
physio
austria
inform
Juni 2016
27
Person Umwelt
Aufgabe
Motorisches Lernen
Handlungskompetenz
Quelle: Motor Control Traslating Research into Clinical Practice 2016
Anne Shumway-Cook, Marjorie Woolacott
KURSANKÜNDIGUNGEN
Multiple Sklerose –
Rehabilitation bei MS
10. bis 11. November 2016
Physio Austria Kurszentrum, Wien
Bernd Anderseck, MSc
Gangrehabilitation bei neurologischen
Störungen – Funktionsorientierte Therapie
13. bis 14. November 2016
Physio Austria Kurszentrum, Wien
Bernd Anderseck, MSc
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