Themenschwerpunkt
Lernen in der Physiotherapie
Theorie der identischen Elemente
Die Theorie der identischen Elemente geht davon aus,
dass ein Transfer nur möglich wird, wenn in der neuen
Lernsituation Elemente enthalten sind, die identisch mit
Elementen aus einer vorgelagerten Lernsituation sind.
Für die Lehre könnte dies bedeuten, dass die im Unter-
richt gelehrten Techniken und Fertigkeiten in den Prak-
tika wiederaufgegriffen und umgesetzt werden sollten.
Bei der Auswahl der zu erlernenden Techniken wäre
demnach ein maximaler Konsens zwischen Universität
und Praktikumstelle anzustreben. Ist dies nicht gegeben,
könnten Transfereffekte möglicherweise verhindert wer-
den oder sich sogar negative Effekte für die praktische
Kompetenzentwicklung Studierender ergeben.
Gestaltendes Lernen
Versuche im Bereich der Gestalttheorie konnten zeigen,
dass ein mechanisches Lernen eines vorgegebenen
Lösungsweges einen geringeren Transfererfolg zeigt als
»einsichtiges« Lernen. Hierbei wird über die Kenntnis
des Lösungswegs hinaus auch ein grundlegendes Ver-
ständnis der Zusammenhänge erworben. Insbesondere
scheint das Verstehen der Frage, warum ein bestimmter
Lösungsweg zum Erfolg führt bedeutsam zu sein. Diese
Form des Lernens kann über das Einbetten von Lern-
aufgaben in praxisnahe physiotherapeutische Problem-
stellungen erreicht werden. Dafür muss die Aufgabe so
gestellt werden, dass im Lernenden der eigene Wunsch
und das Interesse geweckt werden, sich neue Kompeten-
zen aneignen zu wollen. Somit wird auch auf affektiver
Ebene eine lustvolle Lernsituation hergestellt, die
ebenfalls auf die Transferleistung positiv wirksam ist.
Wahrscheinlich ist dies eine der besten Möglichkeiten,
Situationen, die im Praktikum häufig vorkommen, bereits
in Aufgabenstellungen zu integrieren und so einen
Transfer zu unterstützen.
Barbara Gödl-Purrer, MSc, Julia Engel, MFKSc
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