inform Nr.3 Juni 2014 - page 18

Mag. Astrid Benedek
ist Physiotherapeutin mit
Schwerpunkt Physiothera-
pie in der Pädiatrie. Sie ist
als Physiotherapeutin im
Zentrum für Entwicklungs-
förderung der Wiener Sozi-
aldienste und freiberuflich
in Wien tätig. Studium der
Pädagogik.
18
physio
austria
inform
Juni 2014
Themenschwerpunkt
Spiele in der Physiotherapie
Dass das Spiel ein wesentlicher
Bestandteil der Kinderphysiotherapie ist,
ist unbestritten. Aber warum wird
gespielt und warum ist gerade das
Spiel so bedeutend?
Ob Neugeborenes oder Jugendlicher: Kinder-
physiotherapeutInnen behandeln Kinder bei
erworbenen oder angeborenen Erkrankungen
und Störungen, die die sensomotorische Ent-
wicklung verzögern oder beeinträchtigen. Von
besonderer Bedeutung in der Behandlung
sind der Aspekt der Entwicklung und die Be-
rücksichtigung des Einflusses der Erkrankung
darauf. Entwicklung wird als Prozess verstan-
den, der aktiv vom Kind in der Auseinander-
setzung mit den Personen und Gegenständen
seiner Umgebung gestaltet wird. Sie ist kom-
plex, da ihre einzelnen Komponenten wie Be-
wegung, Wahrnehmung, Kognition und
Emotion miteinander und der Umgebung, in
der sich das Kind entwickelt, zusammen hän-
gen und aufeinander einwirken. Daher ist es
für KinderphysiotherapeutInnen von großer
Bedeutung, neben dem Wissen über die Ent-
wicklung von Motorik und Bewegung, auch
über Kenntnisse der perzeptiv-kognitiven,
sozial-kommunikativen und emotionalen
Entwicklung zu verfügen.
In der therapeutischen Arbeit mit Kindern ist
der Einbezug der Bezugspersonen und des
Umfeldes bzw. Alltags ausschlaggebend
dafür, dass die Therapie zielführend ist.
Schließlich ist es wichtig, dass das Kind seine
erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten in
seiner Umgebung bestmöglich umsetzen und
am Alltag teilhaben kann (vgl. Largo, 2001,
Viebrock, Forst 2008).
Spiel ist Alltag
Das Spiel ist Mittelpunkt in der Lebenswelt
von Kindern und ein wichtiger Ausgangs-
punkt für jegliche Form des Lernens. Es ist
die kindliche Form der Auseinandersetzung
mit sich und der Umwelt, zudem Ausdruck
der sensomotorischen, kognitiven und psy-
cho-sozialen Entwicklung. Kinder haben ein
Bedürfnis nach Spiel und investieren darin
Zeit und Energie. Das Lernfeld des Kindes
ist seine Umwelt.
Das Spiel ist eine Aktivität, die um ihrer
Selbst Willen gemacht wird. Es ist:
°
eher Mittel als Zweck (der Prozess
steht im Vordergrund und nicht
das Ziel)
°
flexibel (Objekte können in neue
Kombinationen gesetzt werden,
Rollen werden getauscht)
°
gekoppelt an positive Emotionen
(lustbetont) (vgl. Smith, Pellegrini,
2008).
Die Erfahrungen, die beim Spiel gesammelt
werden, machen den Sinn des Spiels aus.
Es werden angeborene Verhaltensweisen
eingeübt, Erfahrungen über die physikali-
schen Eigenschaften der gegenständlichen
Umwelt wie Größe und Gewicht gemacht
und räumliche Dimensionen erfasst. Kinder
lernen also im Spiel, trainieren motorische
Fertigkeiten, verfeinern Bewegungsüber-
gänge und adaptieren Handlungen. Dies
geht über das bloße Einüben von Funktio-
nen hinaus. Dabei lernt es aus eigenem An-
trieb und eigenem Interesse. Einige weitere
positive Effekte sind die Entwicklung von
motorischer Geschicklichkeit und Raumge-
fühl, der Umgang mit Frustrationen oder die
Entwicklung eines positiven Selbstkonzepts,
dadurch, dass eine Aufgabe geschafft wird.
Im Spiel erhalten Kinder sofortiges Feed-
back aus ihren Aktionen, erkennen Zusam-
menhänge zwischen Ursache und Wirkung
und können dabei aus eigenen Fehlern und
Irrtümern lernen.
Der Weg ist das Spiel
© Mag. Astrid Benedek
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