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physio
austria
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Juni 2014
Themenschwerpunkt
Spiele in der Physiotherapie
Für den Einsatz computerunterstützter Spiele in der
Therapie ist interessant, dass diese Systeme sowohl über
auditive und visuelle als auch taktile Stimuli Feedbacks
liefern können (Asegaonkar, 2009). Dabei stellt sich die
Frage, inwieweit der Einsatz evidenzbasiert ist, inwiefern
Spielekonsolen an die PatientInnenniveaus anpassbar
und für die verschiedenen Anforderungen adaptierbar
sind. Allgemein am Elektronikmarkt erhältliche Konsolen
sind hier von eigens konzipierten Systemen, die an die
besonderen Bedürfnisse einzelner PatientInnengruppen
adaptiert wurden, zu unterscheiden. Reid (2004) definiert
Virtual Reality (VR) als ein in Echtzeit ablaufendes, ein-
dringliches, interaktives, dreidimensionales Computerer-
lebnis. Damit können PatientInnen in eine
multidimensionale und multisensorische virtuelle Umge-
bung eingreifen (Sveistrup, 2004). Es sind Aufgaben be-
wältigbar, zu denen BenutzerInnen in der Realität
vielleicht nicht fähig wären. Diese können sowohl das
kardiorespiratorische System als auch das metabolische
System fordern. So beschreiben beispielsweise O’Con-
nor et al. (2001) den Einsatz der Spielkonsole Game
Wheels® bei neurologischen PatientInnen, die Probleme
beim täglichen Antrieb ihrer Rollstühle hatten. Die Ver-
gleichsgruppe wurde körperlich gleich belastet, jedoch
ohne den Spaß des Computerspiels. Beide Gruppen ver-
besserten ihre kardiorespiratorischen Fähigkeiten, je-
doch wurde mit dem Computerspiel eine durchschnittlich
höhere Leistung erzielt. Zusätzlich gaben die Befragten
der Versuchsgruppe mit 87 Prozent an, über das Compu-
terspiel für ein regelmäßiges Training motiviert zu sein.
Die Wii®- Konsole der Firma Nintendo® wurde von
Graves et al. (2007) an Kindern, bezogen auf den Ener-
gieumsatz bei aktiven und nicht-aktiven Computerspie-
len, untersucht. Die Ergebnisse der Studie waren, dass
der Energieumsatz bei aktiven Computerspielen höher ist
als bei Computerspielen in Ruhe. Die Kinder hatten auf
den Spielkonsolen Sportarten wie Tennis oder Boxen
ausgewählt und die AutorInnen stellten fest, dass die
aktiven Computerspiele einen signifikant niedrigeren
Energieumsatz hatten, als man ihn bei der Ausübung der
tatsächlichen Sportarten messen konnte. Eine große
Gruppe von Computerspielen nimmt Einfluss auf die mo-
torische Kontrolle. Die Ergebnisdarstellung solcher Spiele
von Gangbild, Gleichgewicht, posturaler Kontrolle oder
Sensomotorik ist sehr kritisch zu betrachten. Die Wissen-
schaftlichkeit dieser Bewertungen gestaltet sich für nicht
eigens für die Therapie entwickelte Systeme schwierig.
Flynn, Palma & Bender (2007) berichten bei PatientInnen
von einem erfolgreichen Einsatz der Eye-Toy® der
Sony®-Playstation II® im Sinne einer Verbesserung der
Sensomotorik und der Funktionalität der oberen Extremi-
tät. Insgesamt beschreiben alle Studien die Systeme als
hochmotivierend. Im Vordergrund steht also nicht unbe-
dingt die exakte Bewegungsausführung, sondern gestei-
gerte Motivation zur Bewegung an sich. Dabei besteht
kein Anspruch darauf, eine exakte Bewegungserfassung
zu erzeugen und diese unter Umständen sogar zu evalu-
ieren. Dennoch können Übungsdauer, Intensität und Um-
gebung an das persönliche Niveau angepasst werden.
Die »virtual reality« ist im Sinne herabgesetzter Verlet-
zungsgefahr im Gegensatz zur tatsächlichen Sport- oder
Computerunterstützte Spiele
in der Therapie
Therapeutische Spiele mit elektronischer Unterstützung liefern Feedback.
Mag. Dr. Petra Auner-Gröbl
ist Physiotherapeutin und haupt-
beruflich Lehrende an der FH JO-
ANNEUM Graz. Sie beschäftigt
sich unter anderem mit der Wei-
terentwicklung der evidenzbasier-
ten konservativen Behandlung der
idiopathischen Skoliose. Sie ist
Koautorin der 8. Auflage des Stan-
dardwerkes »Dreidimensionale
Skoliosebehandlung nach Katha-
rina Schroth«.
Aufbauend auf wissenschaftlich erarbeiteter
Grundlage zu therapeutischer Nutzung von
elektronischen Spielen und Feedback wurde
an der FH JOANNEUM Graz das Computer-
programm »Game Based Physiotherapie«
für Kinder mit Skoliose entwickelt.