Ergebnisse aus der Pilotstudie
Eine aktive Betätigung wird in den Leitlinien der Deut-
schen Gesellschaft für Gastroenterologie Verdauungs-
und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) empfohlen,
es fehlt jedoch an genauen Angaben über Art, Intensität
und Dauer der Aktivitäten, was die Grundlage für die
Themenfindung unserer Bachelorarbeit »Hat ein physio-
therapeutisch abgestimmtes Übungsprogramm einen
positiven Effekt auf das Reizdarmsyndrom?« bildete.
Das Ziel war ein Übungsprogramm zu erstellen, das
sowohl einen Effekt auf die mannigfaltigen Symptome
des Krankheitsbildes hat, als auch für PatientInnen
selbstständig anwendbar ist.
Die im Rahmen der für die Bachelorarbeit durchgeführten
Pilotstudie definierten Maßnahmen bestanden aus:
°
regelmäßiger körperlicher Aktivität à 20 Minuten
zweimal/Woche Ergometertraining
°
Kräftigungsübungen für anatomisch dem Darm
benachbarte und auf ihn funktionell einflussneh-
mende Strukturen (M. Iliopsoas, M. transversus
abd., Rumpfmuskulatur)
°
Beckenbodenaktivierung
°
tonusregulierender Entspannung und Dehnung
von Quadratus lumborum und Iliopsoas
°
Kombination mit Atemtechniken.
In der Pilotstudie wurde untersucht, ob sich ein
physiotherapeutisch abgestimmtes Übungsprogramm
auf das RDS positiv auswirkt. Folgende Hypothesen
wurden aufgestellt:
°
Es gibt einen signifikanten Zusammenhang mit einer
Irrtumswahrscheinlichkeit von fünf Prozent zwischen
dem physiotherapeutischen Übungsprogramm
und einer Besserung der Parameter des IBS-SSS.
°
Im Verlauf der Intervention gibt es eine Änderung der
Parameter der Bristol Stool Form Scale in Richtung
»Normwert 4«.
Über fünf Wochen erhielten zwei Probandinnen einmal
pro Woche ein 45-minütiges physiotherapeutisches Inter-
ventionsprogramm in Einzeltherapie. Die Auswirkungen
auf das RDS wurden mittels IBS-SSS und der Bristol
Stool Form Scale einmal wöchentlich erhoben. Die mittels
Friedmanntest erhaltenen statistischen Ergebnisse zeig-
ten keine signifikante Verbesserung der Messwerte.
Dies könnte an der geringen ProbandInnenanzahl liegen.
Allerdings reduzierte sich die IBS-SSS-Punkteanzahl
deutlich: Im Falle von Patientin I betrug die Verbesserung
in Punkten ausgedrückt 225. Eine Differenz der Anfangs-
und Endmessung von 180 Punkten bei Probandin II zeigt
ebenfalls eine für die Patientin relevante positive Verände-
rung. Bezug nehmend auf die Literatur lässt sich demnach
eine Verbesserung der Beschwerden und somit eine
klinische Relevanz ableiten. Die Patientinnen gaben auch
subjektiv eine Abschwächung der Beschwerden wie
Schmerzen, abdominaler Auftreibung und Blähungen an.
Die Forschungshypothese muss somit zwar verworfen
werden, es zeigen sich jedoch deutlich positive Tenden-
zen. Um statistisch signifikante Ergebnisse zu erhalten,
wäre eine Follow-Up Periode, ein größeres ProbandInnen-
kollektiv einschließlich Kontrollgruppe und eine längere
Interventionsdauer zu empfehlen. Der positive Zuspruch
von den Teilnehmerinnen, welche das Übungsprogramm
auch nach der Pilotstudie selbständig weiterführen woll-
ten, berechtigt die Physiotherapie zu Folgestudien in
diesem Randgebiet, um Aussagen über die Evidenz zu
erhalten und in der Praxis gezielt auf die Probleme von
RDS-PatientInnen eingehen zu können.
Astrid Mangi, Stefanie Weber
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Themenschwerpunkt
Physiotherapie und Stoffwechselerkrankungen
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physio
austria
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April 2015