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physio

austria

inform

Juni 2015

21

Das PhysiotherapeutIn-Sein unterliegt trotz gemeinsa-

mer Basis einer sehr vielfältigen, nahezu individuellen

»Interpretation«. Nicht nur dass die Belastungen schon

durch die mögliche Fokussierung auf Fachbereiche

variieren, gerade in der körperbetonten und häufig

zwischenmenschlich belebten Arbeit spielen die persön-

lichen Ressourcen auf allen Ebenen eine wichtige Rolle.

Oft wird unterschätzt, wie stark diese von unterschied-

lichen »privaten« Faktoren beeinflusst werden können.

Der Werdegang von PhysiotherapeutInnen ist durch das

Erlernen von Kompetenzen geprägt, die den Umgang

mit Belastungen schulen. Diese haben auch das Poten-

tial zur Eigenanwendung etwa im Sinne der »betriebli-

chen Gesundheitsförderung« mit ergonomischer

Arbeitshaltung. Für die Handhabung konkret »therapeu-

tischer« Belastungen kann der Fokus auf die sogenannte

Resilienz gerichtet werden, die Fähigkeit, Krisen zu

bewältigen und sich durch persönliche aber auch sozial

vermittelte Ressourcen zu entwickeln.

Martina Sorge

x

www.sozialversicherung.at www.arbeitsinspektion.gv.at www.statistik.at

Last und Lust in der Arbeit

Das Menschsein als PhysiotherapeutIn birgt Risiken,

aber auch Ressourcen in sich

In der aktuellen Publikation der Statistik Austria »Arbeits-

unfälle und arbeitsbezogene Gesundheitsprobleme –

Modul der Arbeitskräfteerhebung 2013« scheinen Physio-

therapeutInnen unter dem Aspekt »Schwierige Arbeits-

haltungen bzw. Bewegungsabläufe« als eine der zehn am

häufigsten betroffenen Berufsgruppen auf. Dass unser

Beruf mitunter »körperliche Schwerarbeit« darstellt, wird

auch in der entsprechenden Liste der Sozialversicherung

zumindest für die weiblichen Angehörigen attestiert. Im

Sinne der Verordnung über besonders belastende Berufs-

tätigkeiten werden hier Physiotherapeutinnen (Verbrauch

von mindestens 1.400 Arbeitskilokalorien/nicht über-

wiegend Organisationstätigkeiten o.ä.) berücksichtigt.

Ganz allgemein hält die Arbeitsinspektion als arbeitsbe-

dingte Belastungen z.B. fortgesetztes Heben/Tragen

schwerer/unhandlicher Lasten, Zwangshaltungen, aber

auch psychische Faktoren (z.B. geringer Handlungsspiel-

raum, Zeitdruck, Überforderung, zu geringe Anforderun-

gen) fest, deren Folgen arbeitsbedingte Erkrankungen

sein können. Die häufigsten sind muskuloskelettale und

Atemwegserkrankungen, Erkrankungen des Verdauungs-

apparates sowie psychische und Herz-Kreislauferkran-

kungen.

Girbig et al. beschäftigten sich 2013 mit arbeitsbezogenen

Belastungen und Erkrankungen von PhysiotherapeutInnen

(freiberuflich/angestellt) in Deutschland. Als Ergebnis

identifizierte hier eine ExpertInnengruppe muskuloskelet-

tale und psychische Belastungen als größte Risikofakto-

ren, relevant sind u.a. aber auch dermale und infektiöse

Belastungen. Nicht zu unterschätzen ist jedoch der Hin-

weis auf das salutogene, also das (gesundheits-)fördernde

Potential der physiotherapeutischen Arbeit: Freiräume

und Kreativität bei der Behandlung, die praktische Tätig-

keit an sich, Bewegung, Vielfalt, Behandlungserfolg und

positive Rückmeldungen der PatientInnen. Auch Brattig

et al. (2014) kommen mit ihrer Analyse zum Schluss, dass

trotz hoher Anforderungen und vorhandener Stressfak-

toren die Mehrheit der PhysiotherapeutInnen mit ihrer

Arbeit zufrieden ist.

ARBEITSUMFELD

Martina Sorge

© Zarya Maxim – Fotolia.com

»TROTZ DER HOHEN

ANFORDERUNGEN

UND VORHANDENER

STRESSFAKTOREN

IST DIE MEHRHEIT

DER PHYSIOTHERA-

PEUTiNNEN MIT

IHRER ARBEIT

ZUFRIEDEN.«

LITERATUR

Girbig, S. et al. (2013).

Arbeitsbedingte Belastungen,

Beschwerden und Erkrankun-

gen von Physiotherapeuten

in Deutschland - Ergebnisse

einer Fokusgruppendiskussion.

physioscience, 9: 66–71.

Brattig, B. et al. (2014).

Occupational accident and

disease claims, work-related

stress and job satisfaction of

physiotherapists. Journal of

Occupational Medicine and

Toxicology, 9-36.