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Was bedeutet »therapeutischer Humor«

für Sie?

Therapeutischer Humor ist eine bewusst

geplante Art, Humor im (Berufs-)Alltag einzu-

bauen. Dies ist für viele oft ein Widerspruch,

da Humor meist ausschließlich mit sponta-

nen Situationen in Zusammenhang gebracht

wird. Mir geht es jedoch darum, Humor als

zusätzliches Handwerkzeug einzusetzen, so

wie PhysiotherapeutInnen ja auch einen indi-

viduellen Plan für die einzelnen PatientInnen

erstellen, sich also im Vorfeld etwas über-

legen. Humor ist ein Werkzeug, das man

immer mit dabei hat und oft brachliegt. Es

fördert auf beiden Seiten Kreativität, neue

Perspektiven und ein entspannteres Arbeits-

klima. Für die einen mag es kitschig klingen,

für die anderen lächerlich/bedrohlich, aber

es geht um ein in-Kontakt-Treten mit seinem

»inneren« Kind. Hier gibt es bei Erwachsenen

oft eine große schambesetzte Grenze. Wenn

man die jedoch lernt, in passenden Situatio-

nen zu überschreiten, sind oft Dinge möglich,

die vorher undenkbar waren.

In welchen Bereichen können Ihrer Meinung

nach bewusste Humorinterventionen einge-

setzt werden?

Grundsätzlich können aus meiner Erfahrung

heraus Humorinterventionen in allen Berei-

chen eingesetzt werden. Das Wichtigste ist,

immer individuell zu schauen, was zur Situa-

tion bzw. zu mir als professionelleM HelferIn

und zu den PatientInnen passt. Dies setzt

klarerweise voraus, dass man möglichst viel

von sich selber und von seinem Gegenüber

in Erfahrung bringt. Mit gezielten Humorinter-

ventionen kann man sowohl die »therapeuti-

sche« Beziehung als auch die Compliance,

sprich die Motivation, der PatientInnen

positiv beeinflussen.

Wo/wie kann therapeutischer Humor in der

Physiotherapie angewandt werden?

Die Berücksichtigung der einzelnen Physio-

therapeutInnen, ihrer individuellen Arbeits-

situation (Rahmenbedingungen und Gestal-

tungsmöglichkeit) und den sehr unterschied-

lichen PatientInnen samt ihrer einzigartigen

Lebensgeschichten lässt erahnen, dass diese

Frage nicht auf die Schnelle zu beantworten

ist. Grundsätzlich würde ich so weit gehen

zu behaupten, dass dem »wo und wie« fast

keine Grenzen gesetzt sind. Zumindest sind

die meisten Grenzen im Kopf und diese kön-

nen überwunden werden. Dazu gehört Mut

und die Bereitschaft, etwas Neues auszupro-

bieren bzw. gesetzte Handlungen bewusster

zu reflektieren, Routinen zu durchbrechen

und nicht zu Letzt auch sich selbst besser

kennen und einschätzen zu lernen. Authen-

tisch bleiben in seiner Arbeit ist für mich das

Wesentliche, wenn man mit therapeutischem

Humor arbeiten möchte: Der Auftrag lautet

nicht, Entertainer oder Clown zu sein, thera-

peutischer Humor der wirklich alltagstauglich

ist, spielt sich meist auf subtile Art und Weise

in der Beziehung zwischen PhysiotherapeutIn

und PatientIn ab.

Wie wirkt therapeutischer Humor in der

Physiotherapie?

Therapeutischer Humor kann auf sehr vielfäl-

tige Art und Weise wirken. Wie in allen Berei-

chen in denen man intensiv mit Menschen

arbeitet, gibt es für nichts eine fixe Garantie,

aber vieles was sich bewährt hat. So gibt es

auch für die Humorarbeit mit PatientInnen

kein universelles Rezept, sondern es ist

immer ein individuelles Herangehen.

24

physio

austria

inform

Juni 2015

Themenschwerpunkt

Faktor Mensch in der Physiotherapie

Macht Lachen gesund?

Die heilsame Wirkung von Humorinterventionen

mit PatientInnen und im Team

Der Sinn für Humor spiegelt die ganze Vielfalt des Menschen wider.

Simone Sassenrath erläutert, warum Humorinterventionen helfen

Stress zu reduzieren, Gesundheit zu fördern und Bewältigungs-

strategien auszubauen.

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