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austria
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Juni 2016
11
PhysiotherapeutInnen sollten in jedem Therapiesetting
die Chance zu einer Verbesserung der Gesundheits-
kommunikation nutzen. Neben dem Angebot von symp-
tombezogenen therapeutischen Interventionen sollte
eine individuelle systematische Unterstützung bei Ver-
haltens- und Lebensstiländerungen in die Behandlung
miteinfließen. Dabei sollte vor allem bei PatientInnen mit
geringer Gesundheitskompetenz auf eine klare, einfache
Sprache in der Kommunikation geachtet werden. Alle
Gesundheitsinformationen – auch Informationen über
Verhaltensänderung zur Risikoreduktion, über bewe-
gungsfördernde Maßnahmen, Hilfsmittelgebrauch etc. –
müssen auf die Bedürfnisse, das Alter, die Fähigkeiten,
die Sprache und den kulturellen Hintergrund der
PatientInnen abgestimmt sein.
Eigenverantwortung fördern
Auch eine persönliche Mitentscheidung von PatientInnen
in der Versorgung und Behandlung ihrer Erkrankung
(»shared decision making«) muss dabei Bestandteil der
Interaktion zwischen PatientIn und TherapeutIn sein.
Es ist belegt, dass besonders PatientInnen mit chroni-
schen Erkrankungen, die aktiv an Entscheidungsprozes-
sen beteiligt werden, ihren Gesundheitszustand besser
kontrollieren und bessere gesundheitliche Outcomes
erzielen (Pelikan et al., 2013).
Im Reha-Zentrum, aber auch in allen anderen therapeuti-
schen Settings, haben daher PhysiotherapeutInnen mit
Kenntnissen im Clinical Reasoning-Prozess die Möglich-
keit, auch Defizite im Bereich der Gesundheitskompetenz
der PatientInnen zu erfassen und zusätzlich zu therapeu-
tischen Interventionen Schulungsmaßnahmen einzuset-
zen, da nur beides in Kombination den gewünschten
Behandlungserfolg erzielen kann. Somit sind ein Einbe-
ziehen von präventiven Interventionen nicht nur in der
Gesundheitsförderung sondern auch im rehabilitativen
Bereich und eine optimale TherapeutInnen-PatientInnen-
Kommunikation Voraussetzungen für die Verbesserung
der Gesundheitskompetenz.
Natürlich muss angemerkt werden, dass die Förderung
von Health Literacy auch von gegebenen Rahmenbedin-
gungen und der Organisation im Gesundheitssystem
abhängig ist. Ein gleichberechtigter Zugang für alle Per-
sonen zu medizinischen Leistungen und eine Behandlung
von chronischen Erkrankungen im Sinne eines multidis-
ziplinären Disease-Managements – wie etwa im Rahmen
von Primary Health Care – könnte somit das Health
Literacy–Niveau der österreichischen Bevölkerung
zusätzlich verbessern.
Brigitte Swonar, MPH
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RAHMENGESUNDHEITSZIELE
Brigitte Swonar, MPH
LITERATUR
Bitzer, M., Dierks, ML., Heine, W.
et al. (2009). Teilhabebefähigung
und Gesundheitskompetenz in
der medizinischen Rehabilitation –
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www.ooegkk.atSorenson, K., Pelikan, JM., Röthlin,
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