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Juni 2016
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Gesundheitskompetenz ist die im deutschsprachigen
Raum übliche Übersetzung von Health Literacy. Sie wird
definiert als Motivation und Fähigkeiten, die es ermögli-
chen, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen,
zu beurteilen und anzuwenden (WHO, 2016). Health
Literacy bezeichnet somit die Gesamtheit der kognitiven
und sozialen Fähigkeiten, die Menschen im Umgang mit
Gesundheit und Krankheit benötigen. Es geht dabei nicht
nur um das Lesen- und Verstehen-Können von Informati-
onsbroschüren, sondern vor allem um das Erkennen und
Inanspruchnehmen der eigenen Ressourcen, um die
individuelle Gesundheit möglichst lebenslang zu erhalten
bzw. zu verbessern. Niedriges Health Literacy–Niveau
korreliert mit einem höheren Risiko, an chronischen Er-
krankungen zu leiden, einer geringeren Therapieadhärenz
und auch mit einem höheren Mortalitätsrisiko (Bitzer et
al., 2009; WHO, 2016).
Health Literacy europaweit
Die erste größere Untersuchung des Health Literacy–
Niveaus der europäischen Bevölkerung erfolgte 2011.
Das Ergebnis zeigt, dass 12 Prozent der Bevölkerung der
acht teilnehmenden Staaten (in Österreich sogar 18%)
über eine inadäquate Health Literacy verfügen. Am ehes-
ten betroffen sind dabei Personen mit niedrigem sozio-
ökonomischem Status, geringerer Bildung, höherem
Lebensalter und/oder hoher Inanspruchnahme von
medizinischen Leistungen (Sorenson et al., 2015). Auch
in Österreich steht die Gesundheitskompetenz in Zusam-
menhang mit Gesundheitszustand und –verhalten. So
schätzen Personen mit höherer Gesundheitskompetenz
etwa ihre aktuelle Gesundheit besser ein, betreiben
signifikant häufiger Sport, haben einen niedrigeren BMI
und signifikant weniger Spitalsaufenthalte (Pelikan et al.,
2015). Daher muss die Förderung der Gesundheitskom-
petenz eine zentrale Rolle aller AkteurInnen im Bildungs-
und Gesundheitswesen sein. In den Bereichen von Public
Health und Gesundheitsförderung wird die Health Lite-
racy in Strategien eingebaut, es wird versucht Chancen-
gleichheit zu verbessern und Risikogruppen durch spezi-
fische und bestärkende Maßnahmen zu unterstützen.
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Das Ziel 3 der österreichischen Rahmengesundheitsziele lautet
»Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken«. Was unter dem
Begriff Gesundheitskompetenz zu verstehen ist und welche Mög-
lichkeiten PhysiotherapeutInnen haben, die Gesundheitskompetenz
von PatientInnen zu fördern, wird im folgenden Beitrag behandelt.
RAHMENGESUNDHEITSZIELE
Brigitte Swonar, MPH