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September 2016
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VISUELLER AUFTRITT
Susanne Dechant, BA
Mal ehrlich …
Auch schlechte Grafik kostet Geld
Vor ein paar Wochen blieb die Stoßstange meines Autos
an der Strebe eines Garagenlifts hängen – dem Lift geht
es gut, meine Wagenfront hingegen lächelt seitdem schief
und zahnlos. Ich machte mich auf die Suche nach einer
Werkstatt, die noch gewillt war, etwas zu »richten« und
nicht nur Neuteile umzuschrauben. Letztendlich konnte
mir eine kleine Firma im Umkreis von Wien helfen, aller-
dings: Ich hätte sie beinahe übersehen, denn nach einer
Neuübernahme waren weder Name noch Webseite noch
Adresse zu finden. Zufällig lobte sie jemand in einem
Online-Forum und ich fuhr – auf gut Glück – in den
genannten Ort.
Als ich später mein (wieder glücklich lächelndes) Fahrzeug
abholte, entspann sich ein Gespräch mit Vater und Sohn
Mechaniker; zufälligerweise erwähnte ich meinen Beruf
(Grafikerin) – und ein erfreuter Blickwechsel verriet es mir
schon: Man würde so dringend ein Schild benötigen sowie
Visiten- und nicht Schlabberkärtchen. Der Freund des
Sohnes, der sich angeboten hatte, das Logo zu basteln,
rufe nie zurück … In kürzester Zeit schickten wir uns ent-
gegenkommende Preisschätzungen und schnell wurde
klar: Professionalität (fürs Auto wie fürs Logo) arbeitet
kostensparender und rechnet sich längerfristig.
Sei das, was du sein willst!
Mir lag dieser neue Auftrag besonders am Herzen, da er
mir Zugang zu einer völlig neuen Branche eröffnete. Denn,
wie Sie, werter Leser, liebe Leserin, vielleicht nicht wissen,
bin ich auch die Gestalterin dieses Magazins und somit
kreativ für ein ganz anderes, weitaus sensibleres Feld,
nämlich das der Physiotherapie, tätig. Auch gehört unter
anderem ein – man könnte fast sagen – trockenes Finanz-
und Wirtschaftsunternehmen zu meinen AuftraggeberIn-
nen sowie eine moderne Kultur- und Kunstorganisation,
ein klassisches Jugendorchester und eine traditionelle
Gartenbaumschule.
Wie kann so verschiedenen Anforderungen unter dem
Dach eines Studios entsprochen und für die jeweilige
Klientel das Passende entwickelt werden? Indem ich
neugierig bin, indem ich zuhöre. In einem funktionieren-
den Gestaltungsprozess übernehme ich den Part der noch
nicht anwesenden, zukünftigen Kundschaft, genau jener
Person, die dann die Visitenkarte entgegennimmt, die
Webseite besucht, den Flyer einsteckt oder den Eingang
zur Praxis sucht. Ich bin eine Art Sparringspartnerin,
die sich immer mit Zwischenfragen meldet, wenn etwas
unklar ist. So entsteht gemeinsam ein Briefing, in dem
sich nach und nach auflistet, was im konkreten Fall gestal-
terisch, kommunikativ und fürs Marketing benötigt wird.
Nicht jede/R EinzelunternehmerIn, nicht jede kleine Firma
braucht ein Piktogramm, eine gesamte Corporate Identity
oder eine neue Webseite. Aber doch gilt, und das ist die
essenzielle Idee dahinter: Jedes Unternehmen sollte sich
ernst genug nehmen, mit einer einheitlichen Erscheinung
öffentlich aufzutreten.
Gestaltungsmittel sind wie ein Startinstrument, das ein
Unternehmen zum Laufen bringt und es im richtigen
Kontext repräsentiert. Visuelle Signale helfen, sich sicht-
bar, erkennbar und erinnerbar zu machen. Es ist fast
riskant, möchte ich sagen, sich nur auf zufällige Mund-
propaganda zu verlassen, und beinahe destruktiv, sich
auf halbprofessionelle Freundschaften zu stützen: Selbst-
gebasteltes kann einfach nicht dem eigenen, gebotenen
Leistungsstandard entsprechen.
Aber: Wie findet man die guten Leute und erliegt nicht
einer Versprechung, die nur heiße Luft bedeutet?
Wie soll man Qualität in kreativen Lösungen erkennen?
Was zeichnet gutes Kommunikationsdesign aus und was, bitte,
ist denn das überhaupt? Wozu braucht jedes kleine Unternehmen
ein Logo, mehrere Online-Präsenzen und eine individuelle Farbwelt?
Kann man sich das nicht inzwischen alles selbst machen?
© Björn Wylezich – Fotolia.com
SCHNELL
GUT
BILLIG
Immer nur zwei Anforderungen
lassen sich gemeinsam
umsetzen …
»DAS GRÖSSTE MISSVERSTÄNDNIS
IN KREATIVEN ENTWICKLUNGEN
BEZIEHT SICH AUF DAS ›GEFALLEN‹.
DENN WEDER DER GESCHMACK DER
AUFTRAGGEBERiNNEN NOCH DER
›STIL‹ DER GESTALTENDEN SIND
GEFRAGT!«