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physio
austria
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Februar 2016
Basierend auf Bedarf aus der Praxis und auf neuen
Erkenntnissen und/oder technischen Möglichkeiten
entwickelten sich in den letzten Jahren Therapiegeräte,
deren Nützlichkeit im Einsatz an PatientInnen praktisch
und wissenschaftlich untermauert ist. In der (akuten) Neu-
rorehabilitation nicht mehr wegzudenken sind robotische
Systeme, Lokomat- und Laufbandtherapie oder funktionelle
Elektrostimulation. Exergames und virtuelle Realität verbes-
sern Koordination und Gleichgewicht mit erhöhter Wieder-
holungszahl, Motivation und Bezug zu Alltagssituationen
in jungem und fortgeschrittenem Alter. Nach Operationen
geben Krücken Feedback, ob die Teilentlastung eingehalten
wird. Kardio- und pulmologische Rehabilitation wäre ohne
Leistungsdiagnostik und -monitorisierung nicht mehr weg-
zudenken.
Entgegen möglicher Befürchtungen schmälern technische
Therapiegeräte den Bedarf an PhysiotherapeutInnen nicht,
im Gegenteil: Bessere Therapieerfolge dank ihrer Kombi-
nation mit Physiotherapie und neu entstehende Tätigkeits-
felder in Prävention, Rehabilitation, Lehre und Forschung
weisen motivierend in die Zukunft. Die Anleitung und
Ausbildung neu entstehender Berufsgruppen und die zu-
nehmende interprofessionelle Zusammenarbeit ergänzen
das Spektrum des sich auch in den nächsten 100 Jahren
entwickelnden Berufsbildes der Physiotherapie.
Zukünftige Anforderungen
So wie neue Entwicklungen zeitliche, personelle und finan-
zielle Ressourcen in einem interdisziplinären Rahmen
erfordern, so erfordert es ungleich mehr Ressourcen, um
die neuen Erkenntnisse flächendeckend in Wissen und An-
wendung zu verankern. Gefordert sind hierfür Ausbildungs-,
Fortbildungs- und Anwendungsinstitutionen ebenso wie
jede Einzelperson, betreffend sowohl die Kenntnis der
aktuellen Fachliteratur, den Besuch von Fortbildungen und
Kongressen, sowie die regelmäßige Lektüre und Diskussion
von für das eigene Arbeitsfeld relevanten wissenschaft-
lichen Publikationen. Entwicklungen können niemals
Pauschallösungen bieten; Kritik und Problemstellungen
der Praxis unterstützen die (Weiter-)Entwicklung.
Technische Systeme sollen die AnwenderInnen (PatientIn-
nen, PhysiotherapeutInnen und interdisziplinäre Teams)
unterstützen, allerdings ist dafür Wissen über Ziel, Funk-
tionsweise und Effekt des Systems erforderlich, sowohl
vor der Entscheidung über dessen Anschaffung als auch
während dessen Implementierung und Anwendung. Auf-
grund der rasanten Entwicklung neuer Systeme bilden sich
zunehmend spezialisierte Personengruppen und die inter-
disziplinäre Zusammenarbeit zwischen technischen und
Gesundheitsberufen ebenso wie zwischen EntwicklerInnen
und AnwenderInnen wird zukünftig von noch größerer
Bedeutung werden.
Anita Kiselka, MSc
LITERATUR
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Themenschwerpunkt
100 Jahre Physiotherapie in Österreich
Seit wann gibt es die Hippotherapie?
Die Hippotherapie wird in Österreich seit
1974 durchgeführt, seit 1989 ist sie als
physiotherapeutische Maßnahme vom
obersten Sanitätsrat anerkannt.
Wer hat die Hippotherapie gegründet
und wie war die Entwicklung in
Österreich?
Dr. Liselotte Ölsböck, Kinderärztin in
Salzburg, begann 1974 das neurophysiolo-
gische Konzept von Bobath aufs Pferd zu
übertragen und hielt im gleichen Jahr
bereits Vorträge dazu auf internationalen
Kongressen.
Das Kuratorium für Hippotherapie,
heute Österreichisches Kuratorium für
Therapeutisches Reiten, wurde 1979
gegründet. Seitdem bietet es auch
regelmäßig Kurse für Hippotherapie an –
der erste fand 1979 in Altaussee statt.
1974
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