Kinder und Jugendliche
Physiotherapie – in Bewegung aufwachsen
Gesunde Kinder sind vor allem eines - aktiv! Sie haben einen unbändigen Bewegungsdrang. Und das ist gut, denn Bewegung ist eine wichtige Voraussetzung um die Welt zu entdecken. Sie üben spielerisch ihre Bewegungen zu koordinieren, trainieren ihre Geschicklichkeit, Balance und motorischen Fähigkeiten. Sie machen sich fit fürs Leben als Erwachsene.
Viele Kinder und Jugendliche haben aber nur sehr begrenzte Möglichkeiten, ihre Lust auf Bewegung auszuleben. Neben angeborenen oder erworbenen Beeinträchtigungen führen steigender Leistungsdruck, reduzierte Turnstunden, einseitige Belastung und TV und Computer bei Kindern dazu, dass sie zunehmend unter Bewegungsmangel leiden. Die Folgen sind Haltungsschäden, Übergewicht, Entwicklungsstörungen, Konzentrationsschwächen,
Verletzungsanfälligkeit u.a.
Deshalb erlernen Kinder jeder Altersstufe in der Physiotherapie die verschiedensten Bewegungsabläufe. Die Kinder setzen sich spielerisch mit den eigenen, wachsenden Kräften auseinander. Sie erfahren, wie sie ihren Körper beherrschen und in Bewegung setzen können. Sie lernen in kleinen Schritten ein Gefühl für ihre körperlichen Möglichkeiten zu entwickeln. Alles, was zu ihrer Selbstständigkeit beiträgt, ist sinnvoll und erlaubt – mit und ohne Hilfsmittel.
Arbeitsweise und Ziele in der Physiotherapie mit Kindern
Die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes stehen im Vordergrund. Aufgrund des physiotherapeutischen Befundes wird deshalb in Zusammenarbeit mit den Eltern die Behandlung speziell auf jedes Kind abgestimmt. Physiotherapie mit Kindern erfolgt meist auf spielerische Art mit einem therapeutischen Hintergrund. In kleinen Schritten und mittels altersentsprechenden Spielsachen und Materialien wird die Entwicklung der Kinder gefördert und das Therapieziel erarbeitet.
Die Physiotherapie mit Kindern richtet sich an alle Kinder von 0 bis 18 Jahren!
Skoliose im Kindes- und Jugendalter
Skoliose ist eine Seitverbiegung der Wirbelsäule bei gleichzeitiger Verdrehung der Wirbelkörper. Dadurch kommt es zum Längenverlust und zu einer Verformung des Rumpfes. Zusätzlich kommt es bei einer typischen Skoliose zur Ausbildung eines Flachrückens im Bereich der Brustwirbelsäule.
Die Therapie von Kindern und Jugendlichen unterscheidet sich in manchen Aspekten von der Therapie erwachsener Skoliosepatient*innen.
Da sich Kinder und Jugendliche noch im Wachstum befinden, ist die Skoliose einer besonders hohen Wahrscheinlichkeit zur Verstärkung der seitlichen Bögen und der Verdrehung der Wirbelkörper ausgesetzt. Das bedeutet für die Therapie, dass sie im Optimalfall als Langzeittherapie geführt wird, um auf etwaige Verschlechterungen rasch reagieren zu können.
Ziel der Physiotherapie bei Kindern und Jugendlichen ist es, der Skoliose so intensiv wie möglich entgegenzuwirken, damit am Wachstumsende möglichst geringe Krümmungswinkel diagnostizierbar sind.
Personen, die am Wachstumsende Werte von unter 25-30° nach Cobb (Winkel, der das Ausmaß des Bogens angibt) und Rotationswerte von unter 10° aufweisen, können damit rechnen, dass sie keiner sehr hohen Progredienz ausgesetzt sind. Personen mit Cobb-Winkel-Werten über 25-30° müssen (unabhängig von den Rotationswerten) damit rechnen, dass die Skoliose progredient bleibt und sollten ihre Übungen daher nie vernachlässigen.
Generell gilt bei Kindern und Jugendlichen: je früher mit der Therapie begonnen wird, desto zielführender! Je jünger die Person ist, desto weniger stark ist die Skoliose fixiert und kann daher effizienter behandelt werden.
Die Schroth-Therapie eignet sich für Kinder ab etwa 6-7 Jahre; für jüngere Patient*innen eignet sich zum Beispiel die Vojta-Therapie.
Skoliose und Korsett
Die Entscheidung, ob eine Korsettversorgung notwendig ist, ist immer von mehreren Faktoren abhängig und sollte individuell erfolgen. Grundsätzlich werden Korsette für Kinder und Jugendliche verordnet, welche sich noch im Wachstum befinden, da in dieser Phase mit einer Progredienz zu rechnen ist. Bei Patient*innen, mit Krümmungen unter 15+5° Cobb wird im Normalfall von einer Korsettversorgung abgesehen, bei Krümmungen über 20+5° ist hingegen eine Korsettversorgung indiziert.
Das Korsett muss immer individuell angepasst werden und sollte stets von einer/einem erfahrenen Orthopädietechniker*in angefertigt werden. Auf Grund unserer Erfahrung empfehlen wir das Cheneau-Korsett. Für eine erfolgreiche Korsettbehandlung ist die Compliance der/des Korsettträgerin/Korsettträgers von entscheidender Bedeutung. Deshalb ist es wichtig, die betroffenen Jugendlichen und ihre Familien ausführlich aufzuklären. Gerade in der Zeit der Pubertät kann das Tragen eines Korsetts eine erhebliche psychische Belastung für die Jugendlichen darstellen. Sollte der Eindruck bestehen, dass dies der Fall ist, oder sollte es Probleme mit der Compliance bezüglich des Korsetts geben, ist die Inanspruchnahme einer psychologischen Unterstützung ratsam.
Nach Übernahme des Korsetts soll die Tragedauer allmählich gesteigert werden, bis die vereinbarte Tragedauer erreicht ist. Ziel ist es, eine Tragedauer von 23 Stunden täglich zu erreichen, da damit die besten Korrekturergebnisse zu erzielen sind. Davon abweichende Tragezeiten sind mit der/dem behandelnden Ärztin/Arzt zu klären. Für jegliche sportliche Aktivität wird das Korsett abgenommen, wobei Sport und physiotherapeutische Übungen zur Tragezeit des Korsetts gerechnet werden dürfen.
Nach einer Eingewöhnungsphase wird etwa 3 Monate nach Korsettübernahme eine Röntgenaufnahme im angelegten Korsett durchgeführt, um die Wirkung des Korsetts zu überprüfen. Erfüllt das Korsett nicht die Qualitätsansprüche, erfolgen Adaptierungen durch die/den Orthopädietechniker*in.
Während der Zeit der Korsettversorgung sollte auf jeden Fall eine physiotherapeutische Betreuung erfolgen, um eine muskuläre Stabilisation zu gewährleisten. Diese regelmäßigen Termine haben aber auch den Zweck, die Motivation für das Tragen des Korsetts aufrecht zu halten.
Die Abschulung des Korsetts erfolgt mit Ende des Knochenwachstums. Die Phase der Entwöhnung vom Korsett ist ein Prozess, in dem die Intensität der physiotherapeutischen Betreuung gesteigert werden muss, um das erreichte Korrekturergebnis erhalten zu können – auch ohne die stützende Wirkung des Korsetts.
Wollen Sie mehr über Skoliose erfahren, klicken Sie hier: Was ist Skoliose?