Zurück zum Sport nach der Geburt
Worauf muss beim Wiedereinstieg in den Sport nach der Schwangerschaft besonders geachtet werden? Die Physiotherapeutinnen der „Running Clinic“ geben einen Einblick.
Der weibliche Körper muss sich während einer Schwangerschaft ständig anpassen und neu orientieren. Die Gebärmutter vergrößert sich um ein Vielfaches, Organe müssen dem wachsenden Babybauch weichen. Die gerade Bauchmuskulatur weicht auseinander, das Zwerchfell wird nach oben verdrängt und der Beckenboden muss als Alleskönner das steigende Gewicht tragen, „dichthalten“ und sich während der vaginalen Geburt dennoch öffnen. Durch all diese Veränderungen braucht der Körper Zeit, um sich nach der Geburt wieder auf die neue Situation einzustellen, zu heilen und belastbar zu werden. Der Weg zurück ist ein sehr individueller und sollte von medizinischem Fachpersonal begleitet werden.
Jeder Körper ist anders
In erster Linie muss zwischen einer Sectio (Kaiserschnitt) und einer vaginalen Entbindung unterschieden werden. Auch gibt es Frauen, bei denen die Geburt vaginal schon recht fortgeschritten war und bei denen dennoch ein Kaiserschnitt durchgeführt werden musste. Beim Kaiserschnitt werden viele Strukturen durchtrennt. Im Gegensatz dazu wird bei vaginaler Entbindung der Beckenboden stärker belastet, wodurch es zu Geburtsverletzungen am Damm kommen kann. Die unterschiedlich belasteten Strukturen benötigen ihre Zeit, um wieder belastungsstabil für den Wiedereinstieg in den sportlichen Alltag zu werden. Die meisten Frauen stellen sich aber die gleiche Frage: Gibt es einen Zeitplan? Die Antwort lautet: jein. Wie jede Schwangerschaft und Geburt sind auch die Zeit danach und der körperliche Zustand sehr individuell. Beeinflussende Faktoren können u. a. sein:
- der körperliche (Trainings-) Zustand vor der Schwangerschaft
- der Schwangerschaftsverlauf; gab es Komplikationen?
- die Anzahl der Geburten
- die Art der Geburt(en) und der Geburtsverlauf
- zusätzliche Erkrankungen
Es sollte also darauf geachtet werden, dass man sich einer Fachperson anvertraut, die all diese Faktoren berücksichtigen und auf etwaige Schwächen eingehen kann. Dennoch lässt sich eine grobe Einteilung der Belastung auf Bauch- und Beckenbodenmuskulatur und Organe erstellen.
Ungefähres Zeitschema
In den ersten zwei bis vier Wochen nach der Geburt sollte besonders an der vertiefenden Atmung in Bauchlage, nach einem Kaiserschnitt in halber Bauchlage (z. B. stehend vor dem Tisch mit kleinem Handtuch unter dem Bauch) gearbeitet werden. Dies unterstützt die primäre Rückbildung der Gebärmutter und das Zwerchfell, das wieder weit genug nach unten weichen kann und dadurch den Beckenboden auch mitbewegt. Dies erhöht den lokalen Stoffwechsel und trägt zur Heilung und Kräftigung bei. In Woche vier bis sechs kann langsam im Vierfüßlerstand, in Rücken- und Seitenlage an der Stabilität des Rumpfes gearbeitet werden. Nach zirka sechs bis acht Wochen sollte die gynäkologische Abschlussuntersuchung grünes Licht für aktivere Übungen geben. Die Organe sollten wieder an Ort und Stelle sein. Aber Achtung: Ihre Verankerung ist bei Weitem noch nicht so stabil wie vor der Geburt. Dies kann bis zu sechs Monate dauern. Daher sollte weiter an der Rumpfstabilität gearbeitet und die Belastung langsam und adäquat erhöht werden. Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten können mit diversen Testbatterien feststellen, wie weit die sekundäre Rückbildung bereits fortgeschritten ist und wie hoch die Belastung zum jeweiligen Zeitpunkt bereits sein kann oder sein soll.
Während dieser Rückbildungsphase kann bereits auf die individuelle Zielsportart eingegangen werden. Je nachdem, ob es eher in die Ausdauerrichtung (z. B. Laufen, Radfahren, Rudern) oder eher in die Kraftsportrichtung (Crossfit, Gewichtheben etc.) geht, kann bereits nach 12 bis 16 Wochen darauf eingegangen werden.
AutorIn
Franziska Malle
Physiotherapeutin mit dem Schwerpunkt Gynäkologie
Franziska Severino-Schönburg
Physiotherapeutin mit dem Schwerpunkt Gynäkologie