Zukunftsorientiertes MTD Gesetz – Position der Physiotherapie findet breite Unterstützung in der öffentlichen Begutachtung
Die Stellungnahme des Berufsverbands der Physiotherapeut*innen Österreichs zum Gesetzestext der MTD-Novelle hat in der öffentlichen Begutachtung über 5.000 Unterstützungen erhalten. Die Kernforderungen sind der niederschwellige Zugang zu notwendigen therapeutischen Leistungen, Erweiterung des Kompetenzbereichs für die Entlastung des Gesundheitssystems und somit Fortschritt in der Versorgung für Tausende Patient*innen.
Bis 29.Mai war die Novelle des MTD-Gesetzes 2024 in Begutachtung und beinhaltet unter anderem die legistischen Regelungen für die Berufsausübung von rund 18.000 Physiotherapeut*innen in Österreich. Dazu hat auch Physio Austria, Bundesverband der Physiotherapeut*innen Österreichs Stellung bezogen. Physio Austria begrüßt die Überarbeitung des mittlerweile 30 Jahre alten Gesetzes und plädiert für eine zukunftsorientierte Umsetzung, unterstreicht aber in seiner offiziellen Stellungnahme den deutlichen Verbesserungsbedarf um echten Fortschritt in der Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und Rückschritt zu verhindern.
Patient*innen dürfen nicht weiter belastet werden
Der aktuelle Entwurf des Gesetzes beinhaltet, dass die ärztliche Anordnung nicht mehr allgemein zur Physiotherapie ausgestellt werden soll, sondern als „konkrete“ Anordnung einzelne Maßnahmen vorgeben muss. Dies würde in der Praxis bei den Ärzt*innen, den Therapeut*innen und in erster Linie bei den ohnehin bereits belasteten Patient*innen und deren Angehörigen bei jeder kleinen Änderung erheblichen und unnötigen Zusatzaufwand bedeuten. Daher die Forderung von Physio Austria: Die Methodenwahl im Rahmen der ärztlichen Anordnung gehört ausschließlich in die Hand der dafür ausgebildeten und eigenverantwortlich tätigen Physiotherapeut*innen! Es ist absolut nicht nachvollziehbar, weshalb rund 18.000 Angehörige eines akademisch ausgebildeten Gesundheitsberufs zu Hilfskräften degradiert werden und Patient*innen Übermaß belastet werden sollen. Ein niederschwelliger Zugang zur Therapie muss ohne Übermaß an Bürokratie gewährleistet sein.
Behandlungen in der Sekundärprävention müssen anordnungsfrei und weiterhin mit Kostenerstattung für Patient*innen gewährleistet sein
Äußerst positiv und zur Entlastung des Gesundheitssystems beitragend ist die geplante Möglichkeit eines direkten Zugangs für Patient*innen zu physiotherapeutischen Behandlungen im Rahmen der Sekundärprävention. Damit ist das frühzeitige Verhindern des Fortschreitens von Erkrankungen und deren Stabilisierung gemeint. Allerdings bedarf es einer gesetzlichen Begriffsdefinition, um dadurch den betroffenen Patient*innen den Anspruch auf Kostenerstattung für die notwendige Behandlung zur Stabilisierung ihrer Erkrankung auch weiterhin zu garantieren. Physiotherapeut*innen sind dazu ausgebildet, zu erkennen, wann sie im Rahmen der eigenverantwortlichen Tätigkeit eine/n Arzt*in hinzuziehen müssen.
Spezialisierte Kompetenzen der Physiotherapeut*innen zur ziegelrichteten Versorgung nutzen
Das strapazierte, österreichische Gesundheitssystem braucht dringend jeden qualitätsvollen, möglichen Beitrag zur Entlastung und Sicherung der Versorgung der Patient*innen. Spezialisierungen können dazu beitragen, zielgerichteter zu versorgen, Kosten zu senken, Wartezeiten zu verkürzen und Anreize für den Verbleib in einem Gesundheitsberuf zu bieten. Eine große Chance bietet in Koppelung an die Spezialisierung der Direktzugang zur Physiotherapie, wie in vielen anderen Ländern Europas bereits etabliert. Der Entwurf hätte diese Chance nutzen können.
Akademische Ausbildung auf höchstem Niveau auch in Österreich
Um dem international etablierten Bologna-Prozess und der Durchgängigkeit zu Doktorratsstudien Rechnung zu tragen, müssen endlich Masterstudiengänge für Physiotherapeut*innen – wie bereits für andere Gesundheitsberufe öffentlich finanziert werden. Dieser Zugang würde Berufsangehörigen die Möglichkeit eröffnen, in ihrem Feld im Sinne der verbesserten Versorgung anerkannt spezialisiert tätig zu sein und das Gesundheitssystem so zu stützen. Der jetzige Gesetzesentwurf sieht keine öffentliche Finanzierung vor, Physiotherapeut*innen müssten die hohen Kosten weiterhin selbst tragen.
Die im Regierungsübereinkommen festgelegte Attraktivierung der Gesundheitsberufe ist auch im Bereich der Physiotherapie erforderlich, um die personellen Ressourcen zur Versorgung der Bevölkerung auch weiterhin aufrechtzuerhalten.
Namhafte Stakeholder schließen sich den Forderungen von Physio Austria an
In den Stellungnahmen der Arbeiterkammer, des österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes (GÖD), der Fachhochschulkonferenz (FHK), des österreichischen Hebammengremiums, des Berufsverbands der Sozialen Arbeit sowie der Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE) melden sich bedeutende Stakeholder mit sehr ähnlichen Forderungen wie Physio Austria und MTD Austria zu Wort: Die Ressourcen der Physiotherapeut*innen sollen entsprechend ihrer erworbenen Kompetenzen für die Allgemeinheit uneingeschränkt und niederschwellig zugänglich sein. Weiterqualifizierung durch öffentliche Masterstudiengänge und Spezialisierungen mit Kompetenzerweiterung sind für gesicherte, zielgerichtet, zukunftsorientierte Gesundheitsversorgung erforderlich.
Constance Schlegl, Präsidentin von Physio Austria, dazu: „Die breite Unterstützung zeigt, dass unsere Forderungen keinem standespolitischen Selbstzweck dienen, sondern mit größter Sorgfalt und Verantwortung zum Wohle aller Personen, die Physiotherapie benötigen, gestellt werden. Unseren Beitrag zur Gesundheitsversorgung in Österreich zu leisten und den chancengerechten, niederschwelligen Zugang zur Physiotherapie für die Bevölkerung sicherzustellen und zu gesunden Lebensjahren beizutragen, hat für uns oberste Priorität.“
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