Mo., 04.05.2020

Weiterführende Informationen zur Haftbarkeit

Wonach wird die etwaige Fahrlässigkeit  geprüft und festgestellt?
Bei der Feststellung von Fahrlässigkeit wird darauf abgestellt, ob die für die konkrete Person (z.B. Berufsangehörige/r eines Gesundheitsberufes oder aber auch PatientIn) gebotene und auch konkret mögliche, zumutbare Sorgfalt ausser Acht gelassen wurde. Dabei werden Angehörige von Gesundheitsberufen mit einer/em sorgfältig handelnden erfüllenden Muster-Berufsangehörigen verglichen und gefragt wie diese/r in derselben Situation gehandelt hätte.
Die darauf basierende jeweilige sorgfältige Vorgehensweise entsprechend der lex artis ist dabei naturgemäß aus der konkreten Situation und Anforderung beantwortbar und grundsätzlich in stetiger Fortentwicklung (Stand der Wissenschaft, aktuelle Handlungsrichtlinien der Behörden/Berufsvertretung) und wird letztendlich im einzelnen Streitfall durch die ordentlichen Gerichte unter Beauftragung von gerichtlich beeideten Sachverständigen ermittelt.

Woraus ergibt sich Sorgfaltsmaßstab einer/eines PhysiotherapeutIn?
Sprich der Sorgfaltsmaßstab einer/eines PhysiotherapeutIn ergibt sich aus der Einhaltung der berufsrechtlichen Verpflichtung zur Wahrung zur Sorgfalt bei der Berufsausübung, der "lex artis".
Diese leitet sich aus unterschiedlichen Handlungsnormen ab, wie insbesondere grundlegend aus dem Berufsgesetz i.d.g.F, der aktuellen Ausbildungsinhalte der Grundausbildung (MTD-FH-AV) als auch den von Behörden, Fachverbänden und der Berufsvertretun verordneten, erlassenen bzw. publizierten Handlungsrichtlinien,- und empfehlungen und aktueller Lehrmeinung.

Gesetze, Verordnungen und Erlässe haben dabei natürlich einen unmittelbaren Normcharakter für die jeweiligen Adressaten, sprich sind für die darin adressierten Berufsangehörigen unmittelbar verpflichtend. Da Gesetze jedoch sehr grundlegende Vorgaben machen und man durch Gesetze die laufende Fortentwicklung der Wissenschaft in den konkreten fachlichen Detailfragen nicht abbilden kann, brauchen Gesetze zumeist auch einer Interpretation zur Konkretisierung der im jeweiligen Zusammenhang gebotenen Handlungsweise.

Dies erfolgt an mancher Stelle - wo dies gesetzlich vorgesehen ist - durch Verordnungen der Ministerien (z.B. FH-MTD-AV) und es wurde derzeit aktuell in rasch und flexibel zu regelnden Themen aufgrund der Covid-19-Pandemie der keine vergleichbaren Präzedenzfälle vorausgehen, auch zum Mittel des ministeriellen Erlasses gegriffen, der hier eigentlich nicht passend ist weil es sich um eine verwaltungsrechtliche Weisung an die Verwaltung handelt.

Welche Wirkungsweise haben ministeriellen Handlungsrichtlinien,- anleitungen sowie Handlungsempfehlungen und entsprechenden Fachinformationen von Physio Austria?
Um auch flexibel noch im notwendigen Detail auf die Herausforderungen einer Pandemie zu reagieren wurde das Bild durch vom Ministerium erstellte Handlungsrichtlinien/- anleitungen gegriffen welche und durch Physio Austria als Berufsvertretung mit weiteren Handlungsempfehlungen und entsprechenden Fachinformationen begleitet wurden.
Dabei handlet es sich um durchaus bei gerichtlicher Prüfung zur Interpretation und Auslegung der Berufspflichten herangezogenen Handlungsrichtlinien und Handlungsempfehlungen der Behörden (Ministerium, Gesundheitsbehörden) der entsprechenden Berufsvertretung und etwaigen (medizinischen) Fachgesellschaften!

Wonach beurteilt das Gericht die Sorgfalt von Berufsangehörigen?
Im konkreten Gerichtsverfahen gegen Berufsangehörige - sei es in einem zivilrichtlichen Verfahren zwecks Schadensersatz, sei es aufgrund der Klagserhebung durch die Staatsanwaltschaft und der Einleitung eines strafrechtlichen Prozesses - erfolgt bei der Frage nach Fahrlässigkeit/Vorsatz die Konkretisierung der im jeweiligen Zusammenhang konkret gebotenen Sorgfaltsmaßnahmen und entsprechenden Handlungsweise daher auch anhand der bei gerichtlicher Prüfung zur Interpretation und Auslegung der Berufspflichten herangezogenen Handlungsrichtlinien und Handlungsempfehlungen der Behörden (Ministerium, Gesundheitsbehörden) der entsprechenden Berufsvertretung und etwaigen (medizinischen) Fachgesellschaften. Dies ist im Wesentlichen auch Gegenstand des Gutachtens der/des gerichtlich beidigten Sachverständigendurch welches vom Gericht beauftragt wird.

Wie erfolgt im Gerichtsverfahren die Entscheidungfindung über die Schuldfrage von Berufsangehörigen als Angeklagte?
Im Gerichtsverfahren bzw. Strafprozess wird die Frage danach, welche in der konkreten Situation die sorgfältige Vorgehensweise (z.B. Verwendung von PSA oder Unterlassung der Behandlung weil unveranwortbar im Risiko) gewesen wäre, entsprechend der aktuellen lex artis und aller zur deren Interpretation heranzuziehenden Normen, Richtlinien und Handlungsempfehlungen beantwortet.
Diese Frage ist dabei naturgemäß nur aus der konkreten Situation und Anforderung beantwortbar und die Antwort wird letztendlich im einzelnen konkreten Streitfall durch die ordentlichen Gerichte unter Beauftragung von gerichtlich beeideten Sachverständigen anhand der aktuellen Gesetzeslage, einschlägigen Verordnungen, Erlässen, Stand der Wissenschaft und hierbei Handlungsrichtlinien der Behörden, Empfehlungen der Berufsvertretung ermittelt und fachlich beantwortet. Das Gericht hat diese fachlichen Sicht zu prüfen und wenn es ihr auch Folge leistet, erfolgt das Urteil auf der Grundlage des Gutachtens u.a. zur Frage der Schuld (Fahrlässigkeit, Vorsatz).


Welche strafrechtlichen Konsequenzen kann es nach sich ziehen, keine persönliche Schutzausrüstung zu verwenden?
Welche strafrechtlichen Konsequenzen kann es nach sich ziehen, wenn PatientInnen wissentlich PT durch eine Infektion gefährden?
Vorsätzliche Gefährdung anderer Menschen mit der Infektion durch Covid-19 - § 178 StGB
Das Strafgesetzbuch sieht für vorsätzliche Handlungen, die geeignet sind, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit unter Menschen herbeizuführen, bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe vor, sofern die Krankheit ihrer Art nach zu den wenn auch nur beschränkt anzeige- oder meldepflichtigen Krankheiten gehört.
Ein solches Vorgehen das gekennzeichnet ist durch die konkrete vorsätzliche Gefährdung von Menschen (der/des PhysiotherapeutIn, und u.U. auch weiterer Personen) mit Covid-19 als meldepflichtiger Krankheit kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Dann handelt es sich um das Delikt der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten (§ 178 Strafgesetzbuch, StGB).

Wer als PatientIn im Zusammenhang mit einer Behandlung durch eine/n PhysiotherapeutIn z.B. bei der telefonischen Terminvergabe oder auch beim Ausfüllen des Informationsformulars über den eigenen Gesundheitszustand wissentlich über eine bekannte Infektion/Testung/Testergebnis oder auch über andere wesentliche Tatsachen zum Gesundheitszustand falsche Angaben macht und dabei bewußt einen anderen Gesundheitszustand vortäuscht als ihr/ihm selbst bekannt ist, setzt eine vorsätzliche Handlung die geeignet ist, die Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren Krankheit unter Menschen herbeizuführen.
Dabei kann es sich um wissentlich falsche Aussagen über den Gesundheitszustand, das wissentliche Verschweigen von relevanten Gesundheitsinformationen oder aber auch die faktische vorsätzliche Gefährdung durch die Inanspruchnahme einer Behandlung trotz Wissens um die eigene abklärungsbedürftige Symptomatik (Gefahrenpotential) oder gar bestätigte Infektion handeln.

Handlungen die darunter fallen können unterschiedlich sein - es sind all jene, die wissentlich im Bewusstsein der Gefährdung anderer Menschen gesetzt werden und einfach nur objektiv geeignet sind, die Gefahr der Ansteckung mit sich zu bringen. Weil es sich um ein Gefährdungsdelikt handelt, ist es dabei gar nicht relevant, ob diese vorsätzliche Gefährdung auch tatsächlich zu einer Ansteckung geführt hat. Alleine dadurch, dass jemand vorsätzlich andere Menschen dieser Gefahr der Verbreitung einer übertragbaren meldepflichtigen Krankheit wie Covid-19 ausgesetzt hat, hat diese Person bereits die Tathandlung des § 178 StGB gesetzt.  Erhärtet sich der Krankheits- bzw Infektionsverdacht letztlich nicht - und bestand daher keine objektive Gefahr - wird die Person aber trotz ihres gefährlichen Verhaltens nicht wegen §§ 178 f StGB bestraft.
Beispiele dafür sind Handlungen mit denen eine Person die/den PhysiotherapeutIn vorsätzlich der Gefahr einer Infektion mit Covid-19 aussetzt, wie etwa dadurch dass sie sich für eine Behandlung wider besseren Wissens als gesund ausgibt, bekannte Symptome etwa bei Terminvergabe oder nach ihrem Auftreten im Laufe der Behandlungsserie bewusst verschweigt oder sogar behauptet sie sei bereits negativ auf Covid-19 getestet worden. Gleiches muss dabei auch gelten,

Auf dieses strafrechtliche Delikt der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten stehen bis zu drei Jahre Haft.
Von dieser Tat betroffene PhysiotherapeutInnen könnten die/den TäterIn im Falle der tatsächlichen Ansteckung, unter Umständen auch bei einer dadurch für die/den Physiotherapeuten (aufgrund besehender Infektion der/des PatientIn) notwendig gewordenen Quarantäne auch mit (zivilrechtlichen) Schadenersatzforderungen - etwa wegen Verdienstentgang - belangen.
Fahrlässige Gefährdung anderer Menschen mit der Infektion durch Covid-19 - § 179 StGB
Auch die fahrlässige Tatbegehung ist möglich und strafbar. Wer an Covid-19 erkrankt ist und aus Fahrlässigkeit andere der Gefahr einer Infektion aussetzt, muss mit einer Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen oder bis zu einem Jahr Haft rechnen (§ 179 StGB). Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn die infizierte Person zwar nicht vorsätzlich die Gefahr herbeiführt, dies jedoch durch das Ausserachtlassen der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt, somit durch die eigene Fahrlässigkeit tut.

Bei der Feststellung von Fahrlässigkeit wird darauf abgestellt, ob die für die konkrete Person (z.B. Berufsangehörige/r eines Gesundheitsberufes oder aber auch PatientIn) gebotene und auch konkret mögliche, zumutbare Sorgfalt ausser Acht gelassen wurde. Dabei werden Angehörige von Gesundheitsberufen mit einer/em sorgfältig handelnden erfüllenden Muster-Berufsangehörigen verglichen. Sprich der Sorgfaltsmaßstab einer/eines PhysiotherapeutIn ergibt sich aus der Einhaltung der berufsrechtlichen Verpflichtung zur Wahrung zur Sorgfalt bei der Berufsausübung, der "lex artis" welche sich aus unterschiedlichen gebotenen Handlungsnormenunter wie insbesondere aus dem aktuellen Stand der Wissenschaft, der Ausbildungsinhalte, der von Behörden, Fachverbänden und der Berufsvertretun erlassenen bzw. publizierten Handlungsrichtlinien,- und empfehlungen ergibt. Die darauf basierende jeweilige sorgfältige Vorgehensweise entsprechend der lex artis ist dabei naturgemäß aus der konkreten Situation und Anforderung beantwortbar und grundsätzlich in stetiger Fortentwicklung (Stand der Wissenschaft, aktuelle Handlungsrichtlinien der Behörden/Berufsvertretung) und wird letztendlich im einzelnen Streitfall durch die ordentlichen Gerichte unter Beauftragung von gerichtlich beeideten Sachverständigen ermittelt.