Sportpyhsiotherapie - ausgewählte Studien

Studiert und Kommentiert: Patellofemoral Consensus Statement

2016 Patellofemoral Consensus Statement from the 4th International Patellofemoral Pain Research Retreat, Manchester. Part 2: recommended physical interventions (exercise, taping, bracing, foot orthosis and combined interventions)

Kay M Crossley, Marienke van Middelkoop, Michael J Callaghan, Natalie J Collins, Michael Skovdal Rathleff, Christian J Barton (2016). British Journal of Sports Medicine, 50 (14): 844-852, im Download-Bereich verfügbar.

Im Zuge des International Patellofemoral Pain Research Retreats 2015 in Manchester wurde das Erstellen dieses Consensus Statement beschlossen, um ein Update der derzeitigen Evidenzlage hinsichtlich des Patellofemoralen Schmerzsyndromes (PFSS) zu erbringen. Bei dem Consensus Meeting kam es zur Mitwirkung weltweit angesehener ExpertInnen auf diesem Gebiet. Resultierend auf den Empfehlungen evidenzbasierter Literatur der Jahre 2010 bis 2015 sowie unter Einbeziehung von Erfahrungswerten seitens PatientInnen und der Expertise von KlinikerInnen sollten patientInnennahe Behandlungsansätze erstellt werden.

Die Aufgabe der ExpertInnengruppe bestand darin, die Interventionen in der vorliegenden Literatur auf ihre Effektivität hinsichtlich Schmerz, Funktion und allgemeine Symptomatik zu untersuchen. Dazu wurde eine 10-Punkte-Likertskala basierend auf den Osteoarthritis Research Society International (OARSI) Richtlinien verwendet. Eine Score von 0-3 wurde von den ExpertInnen als ungeeignete Intervention beschrieben, 4-6 bedeutete unsichere und 7-9 eine geeignete Intervention.

Ergebnisse

Charakteristisch für das Patellofemorale Schmerzsyndrom ist der anteriore Knieschmerz verbunden mit Aktivitäten wie Knien, Aufstehen nach langem Sitzen, bergab Gehen und oft nach sportlicher Überlastung.

Es kam zu vier evidenzbasierten Empfehlungen seitens der Konsensusgruppe, welche Gesundheitsdiensteanbieter zur Schmerzlinderung, Funktionsverbesserung und Symptomlinderung einsetzen sollten bzw. zwei, welche nicht empfohlen werden können:

  1. Trainingstherapie: reduziert Schmerz sowohl kurz-, mittel- als auch langfristig und verbessert die Funktion mittel- und langfristig.
  2. Kombiniertes Training der Hüft- und Kniemuskulatur: Dadurch kommt es zu kurz-, mittel- und langfristiger Schmerzverminderung; diese kombinierte Intervention sollte dem alleinigen Training der Kniemuskulatur vorgezogen werden!
  3. Kombinierte Interventionen wie Krafttraining Hüfte/Knie, Patella Taping, Gelenksmobilisationen und Ortheseneinsatz werden empfohlen, um Schmerz kurz- und mittelfristig (jedoch NICHT langfristig) zu verbessern; keine Auswirkung auf bzw. Aussage hinsichtlich Funktionsverbesserung.
  4. Ortheseneinsatz erbringt nur kurzzeitige Effekte hinsichtlich Schmerzreduktion.
  5. Alleinige Mobilisationen Patellofemoral, Femoro-tibial und der LWS können als alleiniger Ansatz nicht empfohlen werden, da sie meist nicht zu einer Verbessrung führen.
  6. Elektrotherapie alleine ist nicht geeignet zur Schmerz- und Funktionsverbesserung.

Bei Punkt 4 und 5 konnte keine Evidenz gefunden werden hinsichtlich Schmerz- und Funktionsverbesserung, wenn diese als alleinigen Behandlungsansätze dienten!

Conclusio

Auch wenn sich in der wissenschaftlichen Literatur in erster Linie die Trainingstherapie als evidenzbasierter (und v.a. langfristiger) Behandlungsansatz bei einem PFSS darstellt, so kommt es doch zu einer umfassenderen Empfehlung seitens der Konsensus Gruppe: Zur Behandlung des PFSS eignet sich vor allem ein kombinierter Therapieansatz, bestehend aus Trainingstherapie der Knie- und Hüftmuskulatur, Patellofemorales-Taping, Mobilisation des Patellofemoralen- und Tibiofemoralen Gelenkes, sowie zusätzlich individuell angepasste Orthesen. Denn nur so kann sowohl kurz-, mittel- als auch langfristig das optimale Outcome hinsichtlich Schmerz- und Funktionsverbesserung bei einem PFSS erreicht werden.

Kommentar

Wie auch schon bei dem von Barabra Wondrasch zusammengefassten Warwick Agreement zum Thema FAI (Inform Juni 2017) handelt es sich bei dieser zum PFSS vorliegenden Arbeit nicht um eine Studie im herkömmlichen Sinn, sondern um ein Agreement, welches einen internationalen und multidisziplinären Konsensus betreffend der Behandlungsansätze bei PatientInnen mit der Diagnose PFSS darlegt.