Multimodale Schmerztherapie
Rückenschmerzen plagen Sie? Multimodale Schmerztherapie kann Abhilfe schaffen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Rolle Physiotherapie dabei spielt.
Multimodal heißt nichts anderes, als mehrere Behandlungsansätze zu kombinieren. In einem multimodalen Konzept zur Betreuung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen arbeitet ein interdisziplinäres Team aus verschiedenen medizinischen Fachrichtungen zusammen. Sowohl praktische (Fach-)Ärztinnen und Ärzte (für Neurologie, Orthopädie oder Anästhesiologie) als auch Pflegepersonal, Physiotherapeutinnen und -therapeuten, Psychotherapeutinnen und -therapeuten und Sozialarbeiterinnen und -arbeiter können hier involviert sein.
Chronische Schmerzen am Bewegungsapparat sind neben Tumorschmerzen, Phantomschmerzen, Kopfschmerzen oder Fibromyalgie die häufigsten Schmerzsyndrome. Wir wissen seit geraumer Zeit, dass eine einseitige Behandlung dieser anhaltenden Schmerzzustände nicht sehr effektiv ist. „Nur“ eine Fachärztin bzw. einen Facharzt aufzusuchen, „nur“ eine physiotherapeutische Behandlung in Anspruch zu nehmen oder „nur“ eine Psychotherapie zu machen ist oft nicht ausreichend. Sinnvoll ist, Informationen und Hilfestellungen aus den verschiedenen Fachbereichen gleichzeitig zu erhalten.
Vielschichtiger Schmerz
Als Patientin bzw. Patient fragen Sie sich vielleicht: Was ist los mit meinem Rücken? Habe ich einen Bandscheibenvorfall? Ist es Abnützung? Habe ich einen Nerv eingeklemmt? Gerade wenn Schmerzen über eine längere Zeit anhalten, können diese Fragen nicht mit einer einfachen Antwort erklärt werden. Wir wissen heute, dass Schmerzen ein Produkt aus komplexen physiologischen Vorgängen u. a. im Gehirn sind. Diese Prozesse sind individuell und hängen nicht (nur) von strukturellen Schäden ab. Vielmehr spielt es eine Rolle, wie Ihre Grundhaltung zu Rückenschmerz ist und welche Erfahrungen Sie bereits haben, oder ob es etwa familiäre oder Arbeitsplatzprobleme gibt. Auch Ihre psychische Verfassung, wie Sie schlafen oder sich ernähren spielt eine Rolle. Die Liste ist lang.
Es kann daher notwendig sein, einen ganzheitlichen Behandlungsansatz zu verfolgen, indem medikamentöse Therapie, Physiotherapie und Psychotherapie zu einem individuell abgestimmtem „Therapiepaket“ kombiniert werden. Psychotherapie mag sich in diesem Kontext vielleicht eigenartig anhören, aber Schmerzen sind eindeutig mit emotionalen Faktoren, Stressfaktoren und mit Verhaltensmustern verbunden. Neben Spritzen oder Medikamenten kann es sinnvoll sein, eine Entspannungstherapie oder auch gezielt Bewegung zu machen.
Es kann also sein, dass Ihre Physiotherapeutin oder Ihr Physiotherapeut Sie im Erstgespräch auch nach Gewohnheiten und Ihrem Verhalten in Bezug auf Bewegung und Schmerz fragt. Wir sehen bei Patientinnen und Patienten mit chronischen Rückenschmerzen oft ein deutliches Schmerzverhalten, wie z. B. das Abstützen auf den Oberschenkeln, das Geradehalten des Rückens beim Bücken, das Luftanhalten beim Hinsetzen oder Stöhnen und Seufzen. An diesen Verhaltensweisen können wir gemeinsam mit Ihnen in der Therapie arbeiten.
Ziel aus physiotherapeutischer Sicht ist es, gemeinsam mit Ihnen Ihr Bewegungsverhalten zu analysieren, Ängste zu überwinden und Bewegungen, die Sie vermeiden, mittels Bewegungsexperimenten im geschützten Rahmen der Therapie gemeinsam durchzuführen. Nationale und internationale Leitlinien zeigen, dass ein aktiver und multimodaler Ansatz.
hier wesentlich effizienter ist als eine rein passive Behandlungsstrategie. Die Physiotherapie ist nur ein Rädchen im Getriebe und sollte Sie als Patientin bzw. Patient in Zusammenarbeit mit den anderen Disziplinen in den Mittelpunkt stellen.
AutorIn
Gert-Jan Kordes, M.Sc.
stv. Koordinator des fachlichen Netzwerks Schmerz