Großzehe auf Abwegen

Hallux-Fehlstellungen

von Simone Maurer

Hallux-Fehlstellungen werden häufiger. Erfahren Sie mehr über die Behandlungsmöglichkeiten – und ihre Grenzen.

Infolge der Zunahme von Tätigkeiten, die im Sitzen durchgeführt werden, nutzt der Mensch seine eigenen Füße zur Fortbewegung immer weniger. Wer jedoch glaubt, dass aufgrund der Belastungsverminderung auch Fußfehlstellungen weniger werden, liegt falsch. Genau das Gegenteil ist der Fall. Die häufigsten schmerzhaften Veränderungen des Fußes sind Deformitäten der Großzehe – die sogenannte Hallux-Fehlstellung. Diese haben auch funktionelle Einschränkungen zur Folge, nicht selten weit über den betroffenen Bereich hinaus. Eine Form dieser Fehlstellungen ist der so genannten Hallux valgus, eine Abweichung der Großzehe zur zweiten Zehe hin. Dieser begegnet man in der physiotherapeutischen Praxis am häufigsten. Der Hallux valgus ist meist schmerzhaft und wirkt sich negativ auf das Erscheinungsbild des Fußes aus. Studien haben ergeben, dass 35 % der Menschen über 65 Jahre an einer derartigen Fehlstellung leiden. Nicht selten wird der Grundstein dafür schon im Kindesalter gelegt. 

 

Behandeln – aber wie?

Die strukturelle Veränderung, also die optisch sichtbare Geradestellung der Großzehe, wird meist als einzige sinnvolle Behandlungsmethode gesehen. Hier ist die wissenschaftliche Literatur zweigeteilt: Die orthopädische Chirurgie vertritt mehrheitlich die Meinung, dass dies nur durch operative Eingriffe möglich ist. Forschungen aus dem Gebiet der Physiotherapie aber zeigen, dass auch aktiv- und passiv-konservative Methoden, also zum Beispiel Bewegungsübungen und manuelle Techniken, sowohl zur Symptomveränderung als auch zur strukturellen Veränderung, erfolgreich angewendet werden können.

Der Erfolg einer physiotherapeutischen Behandlung ist allerdings von drei Faktoren abhängig:

  • vom Ausprägungsgrad der Fehlstellung
  • von der Compliance der PatientInnen – also der Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit (z. B. erlernte Übungen auszuführen)
  • vom Schuhwerk

Beim Hallux valgus ändern sich sowohl Achsen und Zugrichtungen der Fußmuskulatur als auch der Verlauf von Sehnen durch die fehlerhafte Stellung von Gelenkspartnern – das sind die Enden der am Gelenk beteiligten Knochen. Muskeln lassen sich überall im Körper trainieren, das ist beim Fuß nicht anders. Auch wenn das Training der feinmotorischen Bewegungen anfangs schwierig erscheint, lassen sich mit etwas Einsatz oft erstaunliche Erfolge erzielen. Bei leichtem Ausprägungsgrad der Fehlstellung ist es durchaus möglich, die Großzehe wieder auf Achse zu bringen. In fortgeschrittenen Stadien lässt sich zwar oft wenig optische Verbesserung erzielen, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen beim Gehen aber sind durchaus verbesserbar. Bei besonders ausgeprägten Erscheinungsformen ist jedoch die Operation oft der einzige Ausweg. In diesem Fall sollte im Anschluss so bald wie möglich mit Physiotherapie begonnen werden. Ein Hallux valgus ist also kein Schicksalsschlag, den man hinnehmen muss. Je früher man beginnt, die Füße als Teil eines trainierbaren Körpers zu sehen, desto besser sind die Erfolgsaussichten.

AutorIn

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Simone Maurer

freiberufliche Physiotherapeutin

Aus der Ausgabe

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2021|09

Bewegt-Magazin September 2021

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