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physio
austria
inform
Juni 2015
PRAKTIKUM
Katrin Mansbart
Ein Rucksack
an Erfahrung
Reflexionen
aus Sicht einer Praktikantin
Mit voll bepacktem Rucksack, samt Gonio-
meter, Maßband und Praktikumskleidung
stehen wir PraktikantInnen am ersten Tag
eines Praktikums vor der Tür zur Physiothera-
pie. Uns gehen dabei einige Gedanken durch
den Kopf: »Wie nehmen mich die Physiothe-
rapeutInnen an? Welchen Eindruck mache
ich? Und, wie wird meinE BetreuerIn?«
Weiter geht es den Flur entlang in Richtung
»Zuhause« für die nächsten vier Wochen.
Schwupp, die Türe geht auf, einE flotteR
MitarbeiterIn, weiß angezogen - meist in
Turnschuhen - macht die Tür auf und begrüßt
einen mit einem freudigen: »Hallo, bist Du
der/die neue PraktikantIn?« Es folgt ein
Durchreichen an viele PhysiotherapeutInnen,
man hört Namen, die man sich nicht merkt,
und landet zu guter Letzt in den Armen einer
Betreuerin oder eines Betreuers. Rasch um-
gezogen und los geht’s. Jetzt schaut man
aus wie alle anderen TherapeutInnen, jetzt
ist man eineR von ihnen. Seite an Seite mit
dem/der BetreuerIn durchläuft man den
Alltag und fühlt sich aktiv sowie passiv
mittendrin.
Aus einem Praktikum nehmen wir weit mehr
mit als eine Note oder ein Feedback. Meist
wird unser Rucksack, der am ersten Tag nur
Goniometer, Kleidung und Maßband beinhal-
tet, weiter befüllt mit Erfahrungen, Erlebnis-
sen, neuem Wissen, Kontakten, neuen
FreundInnen und Lebenszielen. Jedes Prakti-
kum bringt uns näher an die Selbständigkeit,
die wir später an unseren PatientInnen erle-
ben dürfen. Mit einem großen Rucksack oder
– um ergonomisch zu bleiben – einem Zieh-
koffer gefüllt mit Praktikumserfahrungen, der
unsere Entscheidungen leitet und jeden von
uns zu einzigartigen PhysiotherapeutInnen
macht, führt unser Berufsweg zum Erfolg.
Das Praktikum ist für Studierende eine der
wenigen Möglichkeiten, Physiotherapie im
Kontext mit anderen Berufsgruppen zu erle-
ben. Wir orientieren uns im Heilungsprozess
an dem subjektiven Ziel der PatientInnen.
Dies bedarf einmal mehr, einmal weniger
der heilenden Zusammenarbeit. Durch die
Kooperation der »Physios« mit ÄrztInnen,
Pflege, Sozialarbeit, Ergotherapie, Logopädie
oder anderen Berufsgruppen ist der Weg
zum Ziel oft kürzer.
Am ehesten ist die Interdisziplinarität in Bespre-
chungen zu sehen. Es ist auch für uns Praktikan-
tInnen spannend, bei einer Besprechung dabei
zu sein, da man Einblicke in andere Berufsbilder
bekommt. Auch wenn es manchmal so scheint,
als würden wir uns an einer Besprechung nicht
beteiligen, ist es spannend zuzuhören. Wenn
wir zu Wort kommen, ist es aufregend, vielleicht
stottert man kurz, aber es ist lehrreich und man
fühlt sich wohl und in gewisser Weise respek-
tiert und gleichberechtigt. In einem Praktikum
lernen wir unseren späteren Berufsalltag ken-
nen, Meetings oder Besprechungen gehören
hier dazu. Die tolle Möglichkeit eines Praktikums
ist Teil des Studiums in Österreich und ich
denke ein sehr wesentlicher Teil. Ich kann per-
sönlich von sehr guten und »heimeligen« sowie
weniger förderlichen Erfahrungen berichten.
In Erinnerung bleibt mir hierbei besonders der
Umgang der BetreuerInnen auf Augenhöhe. Die
Interaktion in jeder Therapie, das Austauschen
von Fachwissen und das Übergeben von Ver-
antwortung haben mich in jeder Art des Lern-
prozesses gefördert. Die Prägung unserer per-
sönlichen Berufsbilder erfolgt für mich durch die
BetreuerInnen und weniger durch »das Institut«
oder »die Klinik«. Ich denke, es liegt daher an
allen PraktikumsanleiterInnen und bald auch an
mir, den PraktikantInnen für ein paar Wochen
zu einer unvergesslichen, lehrreichen und er-
folgsbringenden Zeit in ihrer Stelle zu verhelfen.
Katrin Mansbart
x
Themenschwerpunkt
Faktor Mensch in der Physiotherapie
Wir PraktikantInnen sind eigentlich auch wie PatientInnen,
die ein gewisses Maß an Funktion und Können, sowie Erfah-
rung mitbringen. Man kann uns auf unserem individuellen,
funktionellen Niveau abholen, um den größten Erfolg in jeder
Therapie zu erreichen - aus Sicht der PatientInnen und der
TherapeutInnen.
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»MICH BEGEISTERT
DER UMGANG MIT
MENSCHEN!«