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physio
austria
inform
Februar 2016
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In Vorbereitung der notwendigen Aktualisierung und
Anpassung der gesetzlichen Regelungen für den Beruf
der/des PhysiotherapeutIn – das aktuell gültige Berufsbild
stammt bereits aus dem Jahr 1992 – hin zu einem zeitge-
mäßen und modernen Berufsbild, erfolgten von Physio
Austria vielfältige Vorarbeiten. Unter anderem wurde ein
zukunftsgerichtetes und an der internationalen Berufsent-
wicklung orientiertes neues Kompetenzprofil Physiothera-
pie erarbeitet, das die Kompetenzen und Lernergebnisse
für die unterschiedlichen Rollen, die PhysiotherapeutInnen
in Ausübung ihres Berufes wahrnehmen, formuliert. Dies
erfolgte jeweils für das berufliche Einstiegslevel (Bachelor)
und für die Ebene des Masterlevels. Parallel dazu arbeitet
eine weitere Projektgruppe am Thema der SpezialistIn-
nenentwicklung mit dem Ziel neue oder erweiterte Rollen-
profile für die Lösung komplexer Aufgabenstellungen zu
definieren. Des Weiteren erarbeitet eine Projektgruppe
von Physio Austria Grundlagen für eine zukünftige Mög-
lichkeit für PhysiotherapeutInnen ohne ärztliche Verord-
nung in der PatientInnenbehandlung tätig werden zu
können, wie dies international in vielen europäischen
Ländern bereits Gang und Gäbe ist.
Resümee
Die Physiotherapie wird in den nächsten Jahren bei blei-
bender Nachfrage nach qualitätsvoller physiotherapeuti-
sche Dienstleistung geprägt sein von einer weiteren
Professionalisierung der unmittelbaren beruflichen Tätig-
keit, einer von Sozialversicherern geforderten Evidenz
orientierten Praxis und vom zunehmenden Einsatz kom-
munikationstechnischer Unterstützungsmittel im Rahmen
des physiotherapeutischen Prozesses.
Trends, die auf die Physiotherapie in Österreich zu-
kommen werden, sind ein sich veränderndes Leistungs-
spektrum weg von stationären Leistungen hin zu mehr
ambulante Leistungen sowie eine Zunahme an Beratungs-
tätigkeit, in der PhysiotherapeutInnen als ExpertInnen
für gesunden Lebensstil, für die Auswahl gesundheits-
bezogener kommunikationstechnischer Unterstützungen
tätig sind. Die Interaktionsqualität mit PatientInnen/
KundInnen einschließlich umfassender Erklärung der Leis-
tungen sowie des Mehrwerts der physiotherapeutischen
Dienstleistung und Integration standortunabhängiger
kommunikationstechnischer Unterstützungsmittel wird
erfolgskritisch werden. Kaum steigende und teilweise
sinkende Einkommen und Preisdumping aus anderen
Berufsfeldern, die sich nahe an unserem positionieren,
werden diese Tendenz fördern. Für die zukünftige Posi-
tionierung wird im veränderten gesellschaftlichen und
beruflichen Umfeld die Profilentwicklung zu einem
Erfolgsfaktor im Wettbewerb.
Silvia Mériaux-Kratochvila,
M.Ed.
Veränderte Strukturen und damit sich ändernde Versor-
gungserfordernisse werden aber auch eine Umverteilung
von Aufgaben innerhalb der Gesundheitsberufe und die
Übertragung von derzeit von ÄrztInnen wahrgenomme-
nen Aufgaben auf andere Gesundheitsberufe wie z.B. die
Physiotherapie bringen. Aktuell ist die Verteilung der
Tätigkeiten zwischen den Berufsgruppen oft nicht effektiv
und effizient. Die damit häufig verbundenen Widerstände
der betroffenen Berufe und insbesondere deren Berufs-
vertretungen lassen in diesem Transformationsprozess,
der in vielen europäischen Ländern längst im Gange bzw.
weit fortgeschritten ist, noch viele und langwierige
Diskussionen erwarten.
Ausbildung
Entwicklungen in den Bereichen Medizin, Versorgung der
Menschen mit Gesundheitsleistungen und Veränderun-
gen in der Gesellschaft erfordern komplexe und adaptie-
rungsfähige Handlungs- und Problemlösungsstrategien
von berufstätigen PhysiotherapeutInnen. Wurde in der
Vergangenheit in der Physiotherapie noch für einen
Berufsvollzug ausgebildet, in dem die Anwendung von
Fertigkeiten im Mittelpunkt des beruflichen Handelns
stand, so ist heute eigenständiges, an den aktuellen
Erkenntnissen in Wissenschaft und Forschung orientier-
tes Berufshandeln gefordert.
Studierende der Physiotherapie sehen sich mit vielfälti-
gen Anforderungen im Studium konfrontiert, sind doch
neben den unmittelbar berufsspezifischen Fähigkeiten
und Fertigkeiten eine breite Vielfalt von außerfachlichen
Kompetenzen zu entwickeln, um in den verschiedenen
beruflichen Settings wie der akut-, der postakut- oder
Langzeitversorgung, stationär oder ambulant, angestellt
oder freiberuflich erfolgreich sein zu können. Ziel ist, die
berufliche Qualifizierung in Richtung Zukunftsfähigkeit zu
unterstützen und dass die AbsolventInnen in der Lage
sind, sich an gesellschaftlichen Bedarfslagen zu orientie-
ren, die Versorgungserfordernisse zu erfüllen und die
medizinische und wissenschaftliche Entwicklung mit zu
gestalten. All dies mit ausgeprägter Kultursensibilität vor
dem Hintergrund einer multikulturellen Gesellschaft und
der Kompetenz im Umgang mit Menschen aus unter-
schiedlichen teils fremden Kulturen.
Schlüsselkompetenzen und berufspolitisches Handeln
Als Schlüsselkompetenzen der Zukunft mit Einfluss auf
die Versorgungsqualität werden dabei die Fähigkeit zur
sozialen Interaktion und Arbeit in interdisziplinären
Teams, patientInnenzentriertes Verhalten, die Fähigkeit
zur evidenzbasierten Leistungserbringung, Reflexionsfä-
higkeit und ethisches Bewusstsein, der Einsatz neuer
informationstechnologischer Möglichkeiten und die
Integration von Public Health Wissen in das berufliche
Handeln sowie die Bereitschaft zur kontinuierlichen
Qualitätsverbesserung gesehen.
Erstmals schließen Physiothera-
peutInnen ihre Ausbildung an einer
Fachhochschule mit dem akademi-
schen Titel Bachelor of Science
(BSc) ab.
Gründung des fachlichen
Netzwerkes Palliative Care
und Hospizwesen.
2007
Themenschwerpunkt
100 Jahre Physiotherapie in Österreich