Rückschritt und neue Entwicklungen
Einen Rückschritt erfuhr der junge Beruf durch
das 1949 festgelegte Krankenpflegegesetz, in
welchem die medizinisch-technischen Hilfsberufe
geregelt und nun als Teil der Krankenpflege geführt
wurden. Kowarschik sah sich dadurch genötigt,
seine nach wie vor privat geführte Schule unter
diesen nachteiligen Bedingungen zu schließen.
Die durch das Krankenpflegegesetz betroffenen
medizinisch-technischen Hilfsberufe gründeten auf
Betreiben von Betzwarz 1951 einen gemeinsamen
Berufsverband. Erst 1952 konnte es Betzwarz
durchsetzen, dass die Ausbildung zu Assistentin-
nen für physikalische Medizin wie vor 1949 weiter-
geführt werden durfte. Mit dem Ausbildungsgang
1954/56 wurde die Berufsbezeichnung auf »Assis-
tentin für physikalische Medizin« geändert
(Heilgymnastikschule Jahrgang 1954-1956).
Am 1. November 1960 übernahm Oberstadtphysi-
kus Dr. Ferdinand Dirschmid, der Landessanitäts-
direktor von Wien, auf Ersuchen von Kowarschik
die Leitung der Schule und bereitete die Über-
nahme der Schule durch die Gemeinde Wien vor.
Die Schule ging am 1. September 1961 in den
Besitz der Gemeinde Wien über. Kowarschik
konnte so das Fortbestehen der Ausbildungsstätte
sichern.
Schließlich wurde am 22. März 1961 das erste
Bundesgesetz über die Regelung der Kranken-
pflegefachdienste, der medizinisch-technischen
Dienste und der Sanitätshilfsdienste beschlossen.
Dies war somit für die heutigen PhysiotherapeutIn-
nen die erste gesetzliche Regelung in Österreich
für Berufszugang, -ausbildung und -ausübung. Noch
im selben Jahr wurde die zugehörige Verordnung
verfügt. Am 18. November 1961 startete der erste
Lehrgang an der »Schule für den physikotherapeuti-
schen Dienst« am Allgemeinen Krankenhaus der
Stadt Wien (Jantsch & Scherf, 1987). Ebenso kam es
am 21. April 1961 zur Splittung des Berufsverban-
des, und der »Verband der diplomierten Assistenten
für physikalische Medizin Österreichs«, heute Physio
Austria, wurde gegründet. Betzwarz wurde Obmann
und Grohs ihre Stellvertreterin. Der Verband wurde
1967 von dem Weltverband der Physiotherapie, der
World Confederation for Physical Therapy (WCPT),
aufgenommen.
physio
austria
inform
Februar 2016
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ÜBERSICHT
1943 bis 1961
BERUFSBEZEICHNUNG
Krankengymnastin und Assistentin
für physikalische Therapie;
AB 1954
Assistentin für physikalische Medizin
AUFNAHME
Vollendung des 18. Lebensjahres
BEDINGUNGEN
Abschluss einer höheren Mädchenschule,
einer höheren Lehranstalt für Frauen-
berufe oder einer zweijährigen
Handelsschule
AB 1954
Maturazeugnis einer Mittelschule
Nachweis eines sechswöchigen
Krankenpflegedienstes in einem
öffentlichen Krankenhaus;
Eignungstest
AUSBILDUNGSDAUER
Zwei Jahre (dreimonatige Probezeit
zu Ausbildungsbeginn)
FREIBERUFLICHKEIT
Nein
ÜBERSICHT
1961 bis 1993
BERUFSBEZEICHNUNG
Diplomierte Assistentin für physikalische
Medizin — Diplomierter Assistent für
physikalische Medizin
AUFNAHME
Reifeprüfung oder diplomierte Kranken-
BEDINGUNGEN
schwester/Krankenpfleger oder ab 1975
diplomierte medizinisch-technische
Fachkraft
Kenntnisse in Kurzschrift und
Maschineschreiben
Österreichische Staatsbürgerschaft
Eignungstest
AUSBILDUNGSDAUER
Zwei Jahre und drei Monate
AB 1975
Zwei Jahre und sechs Monate
FREIBERUFLICHKEIT
Über Ansuchen nach zwei Jahren
unselbständiger Tätigkeit.
Emmy Tauffkirchen beginnt an der
Universitätsklinik Wien als erste
Physiotherapeutin in Österreich
innerhalb der Pädiatrie zu
arbeiten. Zentrale Themen der
Berufspolitik dieser Zeit sind
die Differenzierung gegenüber
KrankenpflegerInnen und die
Gründung des Berufsverbands.
1958
HISTORIE
Dr. Alice Maria Synek-Strassnitzky,
M.Ed.
© Deutscher Verband für Physiotherapie